Mangelhafte Nachuntersuchung nach Hexylfund

Zusammenfassung

 

In diesem Bereich zwischen Bauwerk 8  (Talbauwerk Kirschbrückhege) und 9 in der Wasserschutzzone II (Foto vom 19.3.23) wurden über 11.000 Tonnen Erde eingebracht, die aus der Baugrube stammen, in dem das hochgiftige Hexyl nachgewiesen wurde. Diese Erde wurde bei der Nachuntersuchung zum Hexylfund NICHT beprobt.


Der Hintergrund

Am 8. Mai 2022 haben Anwohner:innen an der Artilleriestraße in Stadtallendorf im Trassenbereich der umstrittenen A49 durch den Dannenröder Forst gelbe Klümpchen gefunden, die sich als hochgiftiges Hexyl erwiesen. 

Dieses Hexyl wurde zu Kriegszeiten im Gelände der WASAG hergestellt. Die Sanierung im Rahmen des  Baus der A49 umfasste – ungeachtet der umfangreichen Sprengungen nach dem Krieg  – nur einen Teil des Trassenbereichs

Das Regierungspräsidium Gießen schreibt, dass das Hexyl dem Unterbau der Artilleriestraße entstammt, Diese wurde Ende April abgefräst und Anfang Mai aufgerissen. Aus dem Regierungspräsidium hieß es dazu, der Bereich der Straße sei bei der Sanierung bewusst ausgenommen worden, weil man „die Straße sonst wie einen Schweizer Käse (habe) durchlöchern müssen“! Die Gelegenheit zur Beprobung nach dem Aufreißen der Straße wurde offenkundig nicht genutzt.

Laut dem Regierungspräsidium Gießen gab es nach dem Hexylfund eine Beprobung des Materials, das aus der Baugrube unter der Artilleriestraße abtransportiert worden war.

 

Der Skandal um die Nachbeprobung

 

Diese Untersuchung umfasste allerdings nur einen geringen Teil des Materials aus den tieferen und damit mutmaßlich weniger belasteten Bereichen.

 

Denn aus den Fuhrscheinlisten lässt sich entnehmen:

 

  • Von der Artilleriestraße (Bauwerk 3) wurden ab dem 2.5.22 zunächst 11.580 Tonnen in den Bereich zwischen Bauwerk 8 und 9 abgelagert (Foto oben vom 19.3.23) – diese Erde ist sehr viel wahrscheinlicher kontaminiert als die später abtransportierte aus den tieferen Schichten der Baugrube.
  • Erst eine Woche später, am 9. und 10.5.22, wurden aus der Baugrube 1.490 Tonnen zwischen Bauwerk 9 und 10 eingebracht (Foto rechts vom 19.3.23). 

 

 

Die Nachbeprobung umfasste laut dem Nachuntersuchungsbericht allerdings lediglich den Bereich zwischen Bauwerk 9 und 10. Die hier eingebrachten 1.490 Tonnen waren dabei bis zur Beprobung von 11.220 Tonnen anderem Material von Bauwerk 7 überlagert worden! Das bedeutet: Es wurde Erde beprobt, die nur zu einem kleinen Teil aus dem potentiell ungefährlichen Teil der kontaminierten Baugrube stammt.  Der weitaus größere Teil des Materials-  über 11.000 Tonnen Erde aus dem oberen Bereich der mit Hexyl kontaminierten Baugrube - liegt immer noch unbeprobt in der Wasserschutzzone II!

 

Daraus ergeben sich folgende Fragen:

1)      Warum wurde die Erde unter der Artilleriestraße nach dem Aufreißen der Straße nicht vor Ort beprobt, wo doch der Bereich bei der Sanierung „bewusst ausgenommen“ wurde, da die Straße nicht aufgerissen werden sollte (vgl. den ffh- link weiter oben)?

2)      Stimmen die Fuhrscheinlisten?

a.       Wenn nein: Welchen Zweck erfüllen sie und woher ist ersichtlich, wohin die Erde aus dem Altlastengebiet der WASAG gebracht wurde?

b.      Wenn ja: Hatte das Regierungspräsidium Kenntnis darüber, dass ein Großteil der Erde zwischen Bauwerk 8 und 9 abgelagert wurde oder hat die Bau-ARGE dem Regierungspräsidium diese Information vorenthalten?

3)      Stimmt die Aussage des Regierungspräsidiums Gießen, dass der Baustopp im Rahmen des Hexylfundes auch den Bereich zwischen Bauwerk 9 und 10 umfasste (vgl. die E-mail, Anlage 4)?

a.       Wenn nein: Warum wurde diese Antwort übermittelt und wie lautet die richtige?

b.      Wenn ja: Wie kommt es, dass noch bis zum 25. Mai Material dort eingebracht wurde: Wurde der Baustopp dort missachtet?

4)      Warum wurde nur die eher unproblematische Erde zwischen Bauwerk 9 und 10 beprobt, nicht aber die Erde zwischen Bauwerk 8 und 9, in der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch Hexyl finden lässt, vor allem vor dem Hintergrund, dass Erde aus dem Hügel mit den hohen Kontaminationen vor dem Baustopp noch abgetragen wurde (vgl. https://www.danni-lebt.de/un-recht/baustopp/fundort/ )

 

Fragen über Fragen

 

Daraus ergeben sich folgende Fragen: 

  1. Warum wurde die Erde unter der Artilleriestraße nach dem Aufreißen der Straße nicht vor Ort beprobt, wo doch der Bereich bei der Sanierung „bewusst ausgenommen“ wurde, da die Straße nicht aufgerissen werden sollte (vgl. den ffh- link weiter oben)?
  2. Stimmen die Fuhrscheinlisten?  a.       Wenn nein: Welchen Zweck erfüllen sie und woher ist ersichtlich, wohin die Erde aus dem Altlastengebiet der WASAG gebracht wurde?   b.      Wenn ja: Hatte das Regierungspräsidium Kenntnis darüber, dass ein Großteil der Erde zwischen Bauwerk 8 und 9 abgelagert wurde oder hat die Bau-ARGE dem Regierungspräsidium diese Information vorenthalten?
  3. Stimmt die Aussage des Regierungspräsidiums Gießen, dass der Baustopp im Rahmen des Hexylfundes auch den Bereich zwischen Bauwerk 9 und 10 umfasste? a.       Wenn nein: Warum wurde diese Antwort übermittelt und wie lautet die richtige? b.      Wenn ja: Wie kommt es, dass noch bis zum 25. Mai Material dort eingebracht wurde: Wurde der Baustopp dort missachtet?
  4. Warum wurde nur die eher unproblematische Erde zwischen Bauwerk 9 und 10 beprobt, nicht aber die Erde zwischen Bauwerk 8 und 9, in der sich mit hoher Wahrscheinlichkeit noch Hexyl finden lässt, vor allem vor dem Hintergrund, dass Erde aus dem Hügel mit den hohen Kontaminationen vor dem Baustopp noch abgetragen wurde.

 

Mit anderen Worten: kann es sein, 

  1. dass der Bereich zwischen Bauwerk 9 und 10 absichtlich vor der Beprobung noch mit Fremdmaterial von BW 7 aufgefüllt wurde? (Laut dem Höhenplan muss von BW 7 eigentlich gar keine Erde abgetragen werden)
  2. dass absichtlich nur dieser mit der fast 10fachen Menge an unbelasteter Erde überdeckte Bereich zwischen Bauwerk 9 und 10 beprobt wurde, damit die Wahrscheinlichkeit, Hexyl zu finden - auch mithilfe der Verwendung von Mischproben - möglichst gering ist?

Wenn ja - ist damit nicht ein Straftatbestand von arglistiger Täuschung erfüllt?

Missachtung des Bodenmanagementkonzeptes

 

Das Bodenmanagementkonzept entspricht nicht den Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses. Aber selbst die dortige Vorgaben werden nicht eingehalten. So finden sich  zwischen Bauwerk 8 und 9 Mauersteine, die mit Teer beschichtet und damit mit hochgiftigem PAK verunreinigt sind (Foto vom 19.3.23). Diese Mauersteine sind durchaus "organoleptisch auffällig", nämlich pechschwarz. Damit hätten sie vor der Verlagerung separiert und beprobt werden müssen.