Pressemitteilung vom 25.2.23
Das Regierungspräsidium hat den 14. März als Termin zur Erörterung der Einwendungen gegen die geplante Betriebserweiterung von Ferrero[i] abgesagt und stattdessen eine ca. zweiwöchige „Online-Konsultation“ angesetzt. Bei dieser haben die Einwender:innen kein direktes Gegenüber, sondern können lediglich auf Basis der Stellungnahmen von Ferrero ihre eigenen Einwendungen schriftlich ergänzen – falls sie dazu die technischen Voraussetzungen haben.[ii] Diese Online-Konsultation ist - anders als ein Erörterungstermin - nicht öffentlich. Damit entfällt die durch das Grundgesetz ausdrücklich gedeckte Möglichkeit, zu diesem Termin vor Ort seine Meinung kundzutun.[iii]Auch lassen sich die Ausführungen der Einwender:innen nicht mit verfolgen[iv] und es entfällt die Pflicht zur Anfertigung einer Niederschrift.[v]
Das Regierungspräsidium stützt sich mit dieser Entscheidung auf das Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG), das während der Corona-Zeit eingerichtet wurde, damit „Entscheidungsverfahren … auch … während der Pandemie ordnungsgemäß durchgeführt werden können.“ [vi] Allein: die Covid-Pandemie ist vorbei!
Das Regierungspräsidium schreibt dazu, die rechtliche Prüfung der Anwendbarkeit habe ergeben, dass mit der Durchführung einer Online-Konsultation der Zweck der Erörterung und gleichzeitig eine Verfahrensvereinfachung und –beschleunigung erreicht werde. Dabei findet eine Erörterung im Sinne des Wortes gar nicht statt. Außerdem stellt sich die Frage: Wie kann eine Beschleunigung erreicht werden, wenn die Online-Konsultation bis zum 24. März terminiert ist – also erst zehn Tage nach dem ursprünglich angesetzten Erörterungstermin endet? Oder sollte diese Begründung etwa ein Beweis dafür sein, dass sämtliche Einwendungen ohnehin ignoriert werden?
Bereits die vorzeitige Genehmigung der Rodung hatte ja aufgezeigt, dass Einwendungen nicht ernst genommen werden: trotz überzeugender Argumente gegen das Projekt[vii] rechnet das Regierungspräsidium weiterhin mit einer Genehmigung der Baumaßnahme.[viii] Es hat dabei den Anschein, als ob allein die Ankündigung Ferreros, die Produktion von Mon Cheri einzustellen und die geplanten 100 Millionen woanders zu investieren, für eine Beschleunigung des Verfahrens gesorgt hätte![ix]
Das Regierungspräsidium begründet die Genehmigung mit einem angeblichen „öffentlichen Interesse“ an der Lagererweiterung. Aber: Kann es wirklich im öffentlichen Interesse sein,
Diese Fragen wird wohl neben den Geschäftsführenden von Ferrero nur der Verein zur Regionalentwicklung „Mittelhessen e.V.“ bejahen. Dessen Vorsitzender Dr. Christoph Ullrich ist gleichzeitig Gesellschafter der Regionalmanagements Mittelhessen GmbH[xx], die „die strategische Positionierung der Region als ein innovativer Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort“ als ihre Aufgabe ansieht. Als Regierungspräsident von Gießen hat Dr. Ullrich dabei alle Möglichkeiten, die Genehmigung dieses Projekt als „im öffentlichen Interesse“ zu bezeichnen und durchzusetzen, ohne dass diese Öffentlichkeit in der Öffentlichkeit zu Wort kommt.
[i] https://www.danni-lebt.de/widerstand/aktuelles/lagererweiterung-ferrero/
[ii] Also sofern sie einen funktionierenden Internetanschluss haben, die Instruktionen in dem vierseitigen Schreiben umsetzen können, und in der Lage sind eine Filterfunktion in Zeile 1 der Spalte B zu nutzen, um eigenen Einwendungen wiederzufinden, die allein weiter ausgeführt werden dürfen.
[iii] https://www.bpb.de/themen/politisches-system/abdelkratie/312542/widerstand-und-protest/
[iv] https://mluk.brandenburg.de/mluk/de/umwelt/immissionsschutz/genehmigungsverfahren/informationen-zum-eroerterungstermin/
[v] https://mluk.brandenburg.de/mluk/de/umwelt/immissionsschutz/genehmigungsverfahren/informationen-zum-eroerterungstermin/
[vi] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw20-de-planungssicherstellungsgesetz-695086 , es wurde im Dezember 2022 bis zum Dezember 2023 verlängert: https://dserver.bundestag.de/btd/20/041/2004142.pdf
[vii] https://www.danni-lebt.de/widerstand/pressemitteilungen/erpressung-durch-ferrero/
[viii] https://www.danni-lebt.de/widerstand/pressemitteilungen/erpressung-durch-ferrero-teil-2/
[ix] S. 54f des Genehmigungsbescheids
[x] Entscheidungsrelevanten Unterlagen S. 207. Siehe auch S 175ff.„Durch die geplante Baumaßnahme besteht während der Bauphase eine temporäre Grundwassergefährdung … einerseits durch einen möglichen Eintrag von wassergefährdenden Stoffen, die im Zusammenhang mit der Baumaßnahme verwendet werden und mögliche Schadstoffmobilisierung aufgrund der Lage im Bereich des ehemaligen Rüstungsaltstandorte.“
[xi] Dort heißt es: „Ohne den Neubau der Halle 3.1 und dessen Nebenanlagen muss die Produktion von Mon Cheri am Standort Stadtallendorf eingestellt werden.“ (S. 9 der Umweltverträglichkeitsprüfung) § 16 des UVPG
[xii] Genug Erde gäbe es: beim Ausbau der A49 fallen ganz in der Nähe fast 500.000 m3 an Überschussmassen an. Allerdings dürfte diese Erde bestimmte Grenzwerte nicht übersteigen und müsste daher beprobt werden. Das wäre sicher nicht im Sinne der Bau-ARGE – die dann evtl. Erde kostenpflichtig entsorgen müsste. Da schickt sie lieber unbeprobt in andere Bereiche der Baustelle in die Wasserschutzzone II vgl. https://www.danni-lebt.de/un-recht/baustopp/
[xiii] Laut Auskunft aus dem Regierungspräsidium liegt der Grenzwert für die unschädliche Schadstoffklasse Z0 für sprengstofftypische Verbindungen bei 0,02 Mikrogramm/kg. Dieser Wert wurde in zwei Proben überschritten, in einer dritten lag er mit 0.019 knapp darunter. Alle diese Proben wurden in dem Untersuchungsbericht aber als schadlos bezeichnet! (Anlage 9.3. der entscheidungsrelevanten Unterlagen, Bericht Bodenuntersuchungen), Dort war lediglich eine weitere Probe in Z 1.1 eingruppiert worden, ohne dass näher spezifiert worden wäre, welcher Prüfwert überschritten worden war.
[xiv] https://www.danni-lebt.de/widerstand/pressemitteilungen/gift-im-grundwasser/
[xv] Siehe Anlage 19.6.1. Konzept ,, zur Sicherstellung des Grundwasserschutzes S. 8
[xvi] Siehe u. a. https://www.danni-lebt.de/un-recht/planfeststellung/einleitestellen
Eine Auflistung weiterer Verstöße findet sich unter https://www.danni-lebt.de/widerstand/aktuelles/skandalkalender/ .
[xvii] https://www.tagesspiegel.de/berlin/umweltverbande-reichen-klagen-ein-tesla-wehrt-sich-erfolgreich-gegen-auflage-zur-grundwasserkontrolle-9371726.html
[xviii] https://www.wetter.com/news/klimawandel-hitzewellen-im-sommer-in-deutschland-nehmen-zu_aid_60ded2a9647b03512f30b06d.html
[xix] https://www.moncheri.de/mon-cheri/qualitaet/
[xx] https://www.mittelhessen.eu/mit-uns/regionalmanagement/mittelhessen-e-v/64-verein-mittelhessen