14.6.23

Weitere Giftfunde auf der A49-Baustelle    

 

 

Anwohner:innen haben im Trassenbereich der A49 etliche weitere Brocken mit krebserregenden, erbgutschädigenden polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) gefunden. Sieben Funde wurden labortechnisch untersucht und alle wiesen Belastungen auf. Daher wurde eine weitere Anzeige nach dem Gesetz für Sicherheit und Ordnung gestellt.

 

 

Weitere giftige Brocken befanden bzw. befinden sich noch vor Ort im Gelände der WASAG in Stadtallendorf. Sie untermauern den Vorwurf, dass es nicht hinreichend war, nur weniger als 10 % des Trassenbereiches im WASAG-Gelände zu sanieren.[i]

 

Dabei liegen die Brocken nicht nur außerhalb, sondern sogar innerhalb des Sanierungsbereiches: Die größte Anhäufung findet sich im Bereich des Gebäudes 3120, eines ehemaligen Lagers für Dinitrodiphenylamin, das zur Herstellung des Sprengstoffs Hexyl benötigt wird. Dinitrodiphenylamin-Kontaminationen wurden hier nachvollziehbarerweise nicht dokumentiert – dieser Bereich wurde nämlich während der Sanierung erst gar nicht auf diesen Stoff beprobt![ii] Dennoch musste hier  - entgegen der Annahmen aus den Voruntersuchungen - wegen der Überschreitung des Eingreifswertes für PAK saniert werden. 

Verblieben sind nach der Sanierung aber immer noch „Restkontaminationen“. Diese sind im Endbericht zur Sanierung dokumentiert und liegen mit bis zu 11 mg/kg PAK deutlich über den 3 mg/kg PAK, die für die Verlagerung von Erde innerhalb der Trasse zulässig sind. [iii]  (Bild 2) Katharina Lipinski von den Parents for Future kommentiert: „Es ist unfassbar, dass Restbelastungen in dieser Höhe auf der Trasse verbleiben und inzwischen mit Wissen der Behörden zu einem großen Teil bereits woanders eingebracht werden durften. Denn es war ja von vornherein bekannt, dass damit die Grenzwerte für eine rechtskonforme Verlagerung nicht eingehalten werden.“ [iv]

 

 

Damit nicht genug: obwohl die Sanierung der PAK-Belastungen im WASAG-Gelände ausdrücklich dem Schutz des Grundwassers diente, wird das Wasser im WASAG-Gelände überhaupt nicht auf PAK beprobt. Das widerspricht dem Sanierungsplan – hier heißt es, eine solche Beprobung würde durchgeführt.[v]

Außerhalb des WASAG-Geländes wird das Wasser sogar weder auf PAK noch auf Sprengstoffe beprobt. Diese fehlende Beprobung erklärt, warum bisher keine schädlichen Auswirkungen der Erdverlagerung aus dem WASAG-Gelände auf das Grundwasser oder die Trinkwassergewinnung festgestellt werden konnten!

Folgende Maßnahmen sind nun neben einem Baustopp im WASAG-Gelände dringend umzusetzen:

1.       Es ist unbedingt notwendig, die Vorgaben des Sanierungsplans umzusetzen und das Grundwasser auch auf PAK zu beproben, das als ein Hauptkontaminant des Altlastengeländes gilt!

2.       Sämtliche Erde, die das WASAG-Gelände von hier verlassen hat, ist ordentlich zu entsorgen. Denn ganz offensichtlich wurde giftige Erde verlagert, die im Trassengelände nicht eingebaut werden darf! 

Denn Wasserschutz kann nicht allein durch Vorgaben sichergestellt werden, sondern nur durch die Einhaltung der Vorgaben. Leider ist die Missachtung der Vorgaben zum Wasserschutz beim Ausbau der A49 kein Einzelfall, sondern gängige Praxis – nicht nur in Bezug auf die Altlasten, sondern auch bei der Entwässerung des dreckigen Baustellenwassers, die in der Wasserschutzzone strengen Regeln unterliegt. Es ist höchste Zeit, dass das Regierungspräsidium in Gießen die Bau-ARGE zur Rechenschaft zieht!

 


 

[i] Die Trasse führt über eine Länge von 2,15 km durch das WASAG-Gelände. Bei einer durchschnittlichen Breite von 65 Meter ergibt sich eine Fläche von ca. 140.000 m2. Der "Sanierungsbereich" der DEGES innerhalb der Trasse betrug allerdings lediglich weniger als 25 % dieser Fläche: 30.200m2. Dieser "Sanierungsbereich" war in „Schwarz- und Weißbereiche“ eingeteilt, in Bereiche mit Kontaminationsverdacht und ohne. Saniert wurde nur der „Schwarzbereich“, also der Bereich, wo bekannt war, dass dort zu Kriegszeiten Gebäude, Sprengplätze u. ä. lagen. Dieser Bereich umfasste ca. ein Viertel der Sanierungsfläche. Daraus folgt: Es wurden lediglich ca. 6 % des durch Sprengungen potentiell überall kontaminiertem Geländes im Trassenbereich des WASAG-Geländes im Vorfeld saniert.

[ii] Erst im August 2022 forderte das Regierungspräsidium eine entsprechende Untersuchung an, erst neun Monate später, Ende Mai 2023, lag ihm der Bericht vor. Bisher war noch keine Einsichtnahme möglich.  .  

[iii] Unerklärlich ist, wie daneben im sanierten Bereich noch PAK-Brocken und Mauersteine sein können. Ebenso stellt sich die Frage, wieso diese bei der jüngsten Nachbeprobung weder gemeldet noch entsorgt wurden.  

[iv] Für andere Bereiche sind sogar Überschreitungen des erlaubten Wertes für die Verlagerung von Hexyl um das über 1000fache dokumentiert! 

[v] Vgl. den Sanierungsplan vom 1.11.2017, S. 17 PAK  sollte mindestens zwei Jahre nach Abschluss der Sanierung mit beprobt werden Anlage 8.1. S. 2 und 3 vom 27.10.2017 – Die Empfehlung gründet auf den Erfahrungen der Sanierungsarbeiten der Füllgruppe I. Ein weiterer Verstoß gegen die Vorgaben liegt darin, dass während der Sanierung noch nicht einmal das Baustellenwasser auf PAK beprobt wurde. Dabei hieß es in Anlage 8.2. des Sanierungsplans: „Sollten im Rahmen der Sanierungsarbeiten im Baustellenwasser relevante Gehalte an PAK, BTEX oder KW nachgewiesen werden, sollte das Untersuchungsprogramm entsprechend angepasst werden.“