Woche 1: Natur- und Denkmalschutz

 

Die A49 wird durch ein europäisches Naturschutzgebiet gebaut. Hier leben viele bedrohte Tierarten, die unter dem Ausbau massiv leiden. Und das großartige Waldgebiet ist nicht nur kostbar als Lebensraum von Tieren, sondern auch zur Reinigung der Luft und zur Speicherung von Grundwasser. 

 

Dass ein Neuvorhaben hier nicht durchgeführt werden dürfte, zu diesem Schluss kamen auch 1999 die Gutachter der Umweltverträglichkeitsprüfung. Diese Aussage durfte aber nicht in dem Gutachten stehen bleiben ...

 

7.2.23  Vertreibung der Denkmalschutzbehörde

 

Bei den Arbeiten für das Regenrückhaltebecken am Schmitthof wurden Reste einer mittelalterlichen Siedlung gefunden. Die Denkmalschutzbehörde war sehr interessiert, diesen besonderen Fund genauer zu untersuchen. Sie musste allerdings ihre Grabungen nach nur wenigen Tagen einstellen, Eine wichtige Untersuchung, die die Denkmalschutzbehörde für unbedingt erforderlich gehalten hatte, durfte nicht durchgeführt werden. Hier zählte das öffentliche Interesse offenkundig nicht!

6.2.23 Tierquälerei am Bauzaun

Laut Planfeststellungsbeschluss wird auf Seite 232 behauptet, die Zerschneidungswirkung würde durch umfangreiche planfestgestellten Maßnahmen herabgesetzt,

Stattdessen sterben Vögel am Bauzaun im Dannenröder Forst und in der Sommerhitze verendeten Amphibien qualvoll in Fangeimern ...

 

 

 

 

Foto: Ein Reh kreuzt die Trasse im Herrenwald (knapp über dem Baufahrzeug hoppelt es!) - dort gibt es - anders als im Dannenröder Forst große Flächen ohne Bauzaun


5.2.23 Schlampereien bei der Aufforstung

Viele der -unzureichend berechneten (vgl. 4.2.)- Wieder-aufforstungsbereiche enthalten eine große Anzahl an vertrockneten Bäumen. Diese wurden entgegen

der Vorschriften nicht ausgetauscht - wie in dem folgenden Ausschnitt aus dem Dokumentarfilm "49 Problems (and my future is one)" von Maxi Buck dokumentiert ist. 

Laut dem Endbericht zur Sanierung wird ein Abschlussbericht zu den Eingreifs- und Ausgleichsplanungen der im Sommer 2020 beendeten Sanierung erstellt. Die Fertigstellung soll nach erfolgreicher Aufforstung ... der Maßnahmenflächen erfolgen und war für das Frühjahr 2022 vorgesehen. Allerdings kann die Aufforstung auch im Januar 2023 schwerlich als erfolgreich bezeichnet werden.


4.2.23 Zusätzliche Rodungen ohne Wiederaufforstungsverpflichtung

An diversen Stellen wurde mehr gerodet als im Planfeststellungsbeschluss berechnet bzw. angegeben, u. a. - wie von der DEGES zugegeben - fünf Hektar in Lerbach, mehr als ein Hektar am Regenrückhaltebecken am Schmitthof oder auch für eine nicht planfestgestellte Verlegung einer Gasleitung im Herrenwald (dass dort Arbeiten stattgefunden haben, zeigt S. 23 dieses Protokolls) . Für die mindestens 7,5 ha Wald wurden dementsprechend auch keine Ausgleichsmaßnahmen zur Wiederaufforstung durchgeführt. Im Planfeststellungsbeschluss heißt es auf S. 415, dass der Umfang des Waldes (und damit die Belange des Waldes) nahezu vollständig gewahrt bleibt, da lediglich 0,61 ha nicht wieder aufgeforstet werden. Nun sind es aber über als 8 Hektar bei ca. 58 Hektar Rodungsfläche für die VKE 40 und damit fast 15 % Waldfläche, die nicht wieder aufgeforstet werden. Damit hätten diese Rodungsmaßnahmen nicht genehmigt werden dürfen! Fehlten deshalb die fünf Hektar im  Textteil des Planfeststellungsbeschlusses? Bisher scheint der Plan aufgegangen, denn weder das Regierungspräsidium noch die Planfeststellungsbehörde verlangen zusätzliche Wiederaufforstungsflächen! (Die DEGES rechnet die Bauabschnitte VKE 30 und VKE 40 lieber zusammen und kommt so auf 80 bzw. 85 Hektar ... wollte sie auf diese Weise verhindern, das auffällt, wieviel zu viel gerodet wurde?) 

 

3.2.23 Votum von Naturschützern wird ignoriert

Dass der Ausbau der A49 nicht zu einer Verschlechterung für die Tierwelt führt, das hat nicht ein Gutachten aufgezeigt (im Gegenteil - vgl. den Eintrag vom 1.2.23), sondern das hat allein die Planfeststellungsbehörde entschieden und dazu abenteuerliche Argumente ins Feld geführt! (Planfeststellungsbeschluss S. 177)

Das Amt für Verkehr und Straßenwesen in Marburg hatte sich dabei geweigert, sich mit den Gegenargumenten zu beschäftigen unter dem Vorwand, die EU sei dafür verantwortlich ... (während die EU-Kommission sich nachvollziehbarerweise auf die vorliegenden Unterlagen verlässt)  ... - auch wird mit dem Ausbau ja dem deutschen Naturschutz- und Artenschutz zuwidergehandelt.

2.2.23 Lügen als Grundlage für zerstörerische Ausnahmegenehmigungen

 "Die erforderlichen Ausnahmen nach §  45 Abs. 7 BNatSchG konnten zugelassen werden, da für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten, zumutbare Alternativen nicht bestehen und sich der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten vorhabenbedingt  ... nicht verschlechtern wird."  Dieser Satz aus dem Planfeststellungsbeschluss (S. 560) enthält mehrere Fehler:

1) Es gibt keine zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses.

2) Es gibt eine zumutbare Alternative.

3) Es kann in Anbetracht der immensen Beeinträchtigungen keineswegs ausgeschlossen werden, dass sich der Erhaltungszustand verschiedener Arten vorhabenbedingt nicht verschlechtern wird: Die Ausführungen zur Verträglichkeits- und Ausnahmeprüfung  für den Herrenwald umfassen im Planfeststellungsbeschluss über 100 Seiten, die Ausführungen zum Artenschutz umfassen 50 (!) Seiten! In der Zusammenfassung heißt es auf S. 111:

Zusätzlich sind die Maßnahmen, die sicherstellen sollen, dass es zu keinen relevanten Beeinträchtigungen kommt zum Teil nicht umgesetzt worden. Die Behörden geben z. B. zu, dass die im Planfeststellungsbeschluss verbotene sommerliche Beleuchtung im Dannenröder Forst eine Beeinträchtigung für die Fledermauspopulation darstellt!

1.2.23 Pfusch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung

1997 heißt es in der Umweltverträglichkeitsprüfung zum Ausbau der A49, dass keine konfliktarme Realisierung des Neubau-vorhabens erkennbar ist. Es wird daher empfohlen, das Vorhaben aufzugeben oder den bisherigen Planungsauftrag zu modifizieren. (vgl. die Bilder). Das ist nicht geschehen. Stattdessen wurde eine Neufassung der Studie veröffentlich, in der diese Empfehlung herausgestrichen wurde: wie der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir erklärt, sei eine solche Empfehlung nicht Bestandteil der ihm vorliegenden "Endversion" der Prüfung gewesen. Er habe keine Kenntnis zu der Herkunft dieser Empfehlung, sie sei möglicher-weise Bestandteil einer Entwurfsfassung. Dabei irritiert, dass die dem Verkehrsministerium vorliegende "Endfassung" auf denselben Tag datiert ist, wie die links abgebildete Fassung, die deutlich macht, dass die Trasse so nicht verantwortbar ist!

 

Das entsprechende Protokoll mit den Aussagen Al-Wazirs kann einsehen, wer in diesem Link bei den Plenarprotokollen des hessischen Landtags die 20. Wahlperiode eingibt und die Nummer 118, dann auf pdf anzeigen klickt und anschließend unter der Nummer 766 die Antworten von Tarek Al-Wazir anklickt.  

 

Hier geht es zu weiteren Absurditäten in der Chronik.