Missstände bei der Entwässerung

 

Der Film zeigt, dass das Absetzbecken am Schmitthof im April 2022 nicht angeschlossen war und damit das Wasser, das von der oben am Hang befindlichen Autobahntrasse hinunter in die Klein stürzte, nicht gereinigt worden war, wie es der Planfeststellungsbeschluss verlangt. Damit wurden die Vorgaben zum Wasserschutz missachtet.

In der vierten Woche des Danni-Skandalkalenders steht die Entwässerung im Fokus. Da die Trasse der A49 (VKE 40) komplett im Wasserschutzgebiet gelegen ist,  sind diverse Sicherungsmaßnahmen für das Wasser notwendig. Denn eigentlich sind Wasserschutzgebiete von Straßen freizuhalten sind. Diverse Sicherungsmaßnahmen weisen eklatante Mängel auf.

 

1) Ende der Fernableitung in der Wasserschutzzone II

Nach den Richtlinien zu Straßenbau in Wasserschutzgebieten sollen die Abwässer der Autobahn nicht in Wasserschutzzonen in die Bäche und Flüsse geleitet werden. [1] Denn auch wenn das Wasser vorher in Regenrückhaltebecken vorbehandelt wird, bleiben dennoch bis zu 95 % der Schadstoffe weiterhin im Wasser! Bei der A49 sollen dabei die gesammelten Abwässer von mehreren Kilometer Trasse in der engeren Schutzzone II erfolgen – entgegen der dringenden Bitte des Zweckverbandes Mittelhessische Wasserwerke. Die Richtlinien verlangen zwingende Gründe für eine solche Einleitung, die hier offensichtlich nicht vorliegen. Daneben verlangen sie die Sicherstellung, dass das Gewässer nicht nachteilig verändert wird. Auch das ist nicht gewährleistet, gibt doch die Risikostudie zu, dass hier Schadstoffe in das Grundwasser gelangen! [2]

 

2) Kein Planänderungsverfahren trotz Planänderung

Für den geplanten Kreisel in Niederklein fehlt in den Planfeststellungsunterlagen eine Möglichkeit, die Straßenabwässer vorzureinigen. Dieser Missstand fand erst durch einen Antrag einer Umweltinitiative Beachtung. Nachträgliche Baumaßnahmen zur Entwässerung bilden dabei eine Planänderung und müssten ein Planänderungsverfahren nach sich ziehen. Ein solches Verfahren ist mit einer Beteiligung von Umweltverbänden verbunden. Hier wird die Entwässerung aber ohne Planänderungsverfahren geplant.

 

3) Keine Sicherung der Baugruben

In den Empfehlungen zum Grundwassermonitoring heißt es immer und immer wieder, Wasseransammlungen in Baugruben im Altlastengelände der WASAG seien zu vermeiden, damit keine Schadstoffe aus dem Boden ausgewaschen werden. Allerdings finden sich immer wieder etliche Wasseransammlungen vor Ort, u. a. in einer riesigen Baugrube nördlich der Main-Weser-Bahn. Dieses wurde erst Wochen nach der Ansammlung abgepumpt – in einer solchen Geschwindigkeit, dass es unmöglich vorher auf Gifte beprobt werden konnte.

 

4) Erdgruben als Reinigungsvorrichtung

Nach dem Planfeststellungsbeschluss sind die geplanten Regenrückhaltebecken  vor dem Bau der Trasse zu errichten. Das Wasser ist in nahegelegenen (neu zu errichtenden) Grundwassermessstellen zu beproben, um eine Verschlechterung des Wassers ausschließen zu können. Bis heute ist keines dieser Regenrückhaltebecken in Betrieb. Dafür wurde nach einem entsprechenden Hinweis von Anwohner:innen an verschiedenen Stellen Erde aufgehäuft (Foto links) und als Erdwallbecken definiert. Nach und nach wurden auch mobile Absetzbecken aufgestellt. Allerdings wurde in der Regel keine Wasserzu- und -abfuhr eingerichtet! So schossen z. B. am 8.4.22 Bäche von Wasser von der Trasse am Schmitthof hinunter in die Gleen, ohne vorher ein Absetzbecken passiert zu haben. Das Becken  wäre allerdings von den Wassermassen eh überfordert gewesen, wie im Film oben zu sehen ist  ... 

5) Einleitungen abseits des Planfeststellungsbeschlusses

Da sich das gesamte Trassengelände im Wasserschutzgebiet befindet, bedürfen sämtliche Einleitungen von Wasser einer Ausnahmegenehmigung von der Schutzgebietsverordnung. Für die planfestgestellten Einleitestellen sind diese Ausnahmegenehmigung im Planfeststellungsbeschluss enthalten. Im WASAG-Gelände gibt es allerdings keine planfestgestellten Einleitestellen. Denn hier soll sämtliches Wasser gefasst und in ein Regenrückhaltebecken weiter südlich geleitet werden. Das macht nicht nur die abgebildete, sondern sämtliche Einleitungen in die Kanalisation der Herrenwaldkaserne illegal. 

 

6) Abweichungen von der Risikostudie

In der Risikostudie zum Planfeststellungsbeschluss heißt es, neben der (durch Vorgaben geregelten) Entwäs-serungsplanung sei die wichtigste Maßnahme, „dass die Trasse nicht mehr im Einschnitt geführt wird.“[3] Diese Maßnahme entspricht den Vorgaben, nachdem Straßeneinschnitte auf besonders begründete Ausnahmefälle zu beschränken sind.[3] Dennoch wurde diese Maßnahme nicht umgesetzt: kilometerlang wird die Trasse tiefer gelegt, um die vielen Höhenunterschiede des Geländes auszugleichen, auch im besonders gefährlichen Bereich des Altlastengeländes der WASAG.  Zur Missachtung dieser Empfehlung heißt es im Planfeststellungsbeschluss,

u. a. aus wirtschaftlichen Gründen“ habe „die Vorhabenträgerin die technische Möglichkeit einer Anhebung“ des Geländes nicht weiter verfolgen müssen." [S. 144] Damit wurde die wichtigste Maßnahme der Risikostudie zum Wasserschutz ignoriert.

 

7) Keine Neuberechnung aufgrund des Klimawandels

Am 4. März 22 verfasste das Bundesverkehrsministerium ein Rundschreiben zu den neuen Richtlinien zur Entwässerung (REwS 21), in dem es auf die Notwendigkeit hinweist, wegen zunehmender Starkregenereignisse Regenrückhaltebecken um bis zu  20 Prozent größer zu dimensionieren. Dies hat für die A49 bisher keine Beachtung gefunden. Becken in der Wasserschutzzone III sind so berechnet, dass sie alle 10 Jahre überflutet werden können. Allerdings wurden dazu weder aktuelle Niederschlagszahlen berücksichtigt noch Starkregenereignisse. Das bedeutet, dass eine Überflutung mit verdrecktem Wasser keine Ausnahme bleiben wird.

 

8) Rastanlage im Wasserschutzgebiet

An der Trasse soll eine Rastanlage errichtet werden. Der damit verbundene Bau einer Kläranlage ist nach der Schutzgebietsverordnung von 2000 nicht zulässig. Dennoch wurde eine Ausnahmegenehmigung erteilt mit der Begründung, es gäbe inzwischen die Möglichkeit, dass die Abwässer vor Ort in geschlossenen Systemen geklärt werden. Damit sei gewährleistet, dass das Schmutzwasser der Toilettenanlage  in die nahegelegenen Gewässer eingeleitet werden kann, ohne Schaden anzurichten. [S. 484f]  Unberücksichtigt bleibt dabei neben der ungeprüften Behauptung der Schadlosigkeit und dem Risiko von Fehlfunktionen der Kläranlagen, dass Fäkalien oft abseits der WCs hinterlassen werden und dass Parkanlagen gerne auch für Reparaturarbeiten und Umladevorgänge genutzt werden, bei denen wassergefährdende Stoffe freigesetzt werden können. [4i] Nicht zuletzt erhöhen Standzeiten auf Parkplätzen Tropfverluste von Ölen, Kraftstoffen, Bremsflüssigkeit und Frostschutzmitteln. Kein Wunder, dass die Richtlinien RistWag sich gegen Parkplätze in Wasserschutzgebieten aussprechen.[5]

Daneben gibt es noch weitere Verstöße gegen diese Richtlinien. Z. B. ist nach den Richtlinien das auf Brücken anfallende Niederschlagswasser zu behandeln,[6] dennoch wird das Wasser im Böschungsbereich am Talbauwerk der Joßklein unbehandelt flächig verteilt. [7]

An diesen (ausgewählten) vielen Beispielen wird deutlich, wie sehr der Wasserschutz beim Ausbau der A49 ignoriert wird. Es wird höchste Zeit, dass die grüne Umweltministerin handelt und die wasserrechtlichen Genehmigungen zurückzieht!

 


[1] Richtlinien zum Straßenbau in Wasserschutzgebieten (RiStWag, S. 32)

[2] Risikostudie zum Planfeststellungsbeschluss von 2006. Dort heißt es auf S. 17: „Hier (bei P30 nahe der Todenmühle) sind auf Basis der vorhandenen Daten permanent influente Verhältnisse anzutreffen. Es sickert Oberlfächenwasser aus dem Vorfluter in den Auengrundwasserleiter ein. Damit ist eine hydraulische Verbindung zur Trinkwassergewinnung möglich.“  Dennoch heißt es im Anhang der Risikostudie auf S. 2: „Einlelitung der Straßenabflusswässer im Bereich der Todenmühle anstatt außerhalb der WSZ II - … keine Reduzierung der Sicherheit … Verringerung der zu unterhaltenden Strecke“ . Das straft die Aussage des Erläuterungsberichts Unterlage 13.2. Lügen, in der es heißt „Um innerhalb der Schutzzone II eine zusätzliche Sicherheit zu erlangen, werden die Drosselabflüsse … in einer Fernableitung aus der Schutzzone II herausgeleitet und erst an deren Rand zur Schutzzone III in die Klein eingeleitet. Die Fernableitung erfüllt damit die Voraussetzung gemäß RiStWag, nach der die Drosselabflüsse möglichst nicht innerhalb des Wasserschutzgebietes … eingeleitet werden sollen.“ (Unterlage 13.2. zum Planfeststellungsbeschluss S. 14)

[3] Risikostudie S. 68

[4] So in den Richtlinien zum Straßenbau in Wasserschutzgebieten S. 12

[5] Richtlinien zum Straßenbau in Wasserschutzgebieten RiStWag S.22

[6] Richtlinien zum Straßenbau in Wasserschutzgebieten RiStWag S.25

[7] Unterlage 13.2 zum Planfeststellungsbeschluss S. 34