Das Regierungspräsidium und die Sanierung

Stand: Sommer 2022

Es gibt vielfältige Vorwürfe bezüglich der Sanierung und des Grundwassermonitorings beim Ausbau der A49 durch das Gelände einer der größten und gefährlichsten Rüstungsaltlasten in Europa, das der WASAG in Stadtallendorf. 

 

Neben der mangelhaften Gefährdungsabschätzung ist auch skandalös, wie mit Hinweisen aus der Bevölkerung umgegangen wird.  Aber lesen Sie selbst! 

 

Es drängt sich der Eindruck auf, zugunsten eines schnellen Ausbaus der A49 wird das Trinkwasser leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Welche Rolle der ÖPP-Vertrag dabei spielt, der den Auftraggeber unter bestimmten Bedingungen haftbar macht für Kosten, die durch eine Verzögerung beim Bau entstehen, wäre weitere Recherchen wert (S. 34)

Verantwortung

Mittlerweile zeigt sich, dass es niemanden gibt, der die Verantwortung für die Sanierung des Geländes der hochgefährlichen Rüstungsaltlast der WASAG in Stadtallendorf übernimmt, die dadurch notwendig geworden war, da die Trasse dieses Gelände über mehr als zwei Kilometer schneidet.

Bisher hieß es seitens der Planfeststellungsbehörde und des Fernstraßenbundesamtes, das Regierungspräsidium in Gießen sei für die Sanierung verantwortlich. Dieses schrieb nun "Die Verantwortung für die Baumaßnahmen und die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben liegen in erster Linie in der Hand der Bauausführung. Diese hat Kenntnis über die Vorgeschichte im WASAG-Gelände."    Das klingt so, als ob das Regierungspräsidium sich nicht verantwortlich fühlt für die Überwachung der Sanierung. Wie kann das sein?

1) Lückenhaftes Grundwassermonitoring

Vorwurf: 2017 wurden drei neue Messstellen ins Grundwassermonitoring aufgenommen, da sonst das Abstromgebiet der Füllgruppe II nur unzureichend überwacht ist. Von diesen drei Messstellen liegen für zwei keinerlei Werte vor. Damit ist nicht gewährleistet, dass von der aufgrund der Nutzung in Kriegszeiten potentiell belasteten Fläche südwestlich der Füllgruppe II keine Kontamination des Grundwassers ausgeht wie vorgeschrieben.

 

Antwort: Diese Aussage ist nicht zutreffend. In 2017 wurden keine neuen Messstellen in das Grundwasser-Monitoring aufgenommen. In 2019 wurden hingegen drei neue Messstellen hinzugenommen, die untersucht wurden und für die entsprechend Werte vorliegen. In 2021 erfolgte die Hinzunahme einer weiteren Messstelle im weiter entfernten Abstrom des Sanierungsgebietes.  Der direkte Abstrom der Sanierungsbereiche des Projekts Füllgruppe II wird derzeit durch insgesamt sechs Messstellen erfasst, die jeweils unterschiedliche Grundwasserleiter erschließen. Der Abstrombereich der Sanierungsbereiche wird damit hinreichend überwacht. Es liegen keinerlei Hinweise auf eine negative Beeinflussung der Grundwasserqualität durch die Sanierungsarbeiten vor.

 

Dem steht gegenüber:

Im Sanierungsplan 2017 wurde gefordert, die Messstellen A 33, B 336 und WAS 14 neu mit aufzunehmen. 

Zitat aus Absatz 2.1. des Sanierungsplans: "Die Grundwassermessstelle WAS7 befindet sich im Abstrom des nördlichen Bereiches der Füllgruppe II und erfasst daher nicht den gesamten Sanierungsbereich. Um eine umfangreichere Erfassung des Grundwasserabstroms zu erreichen, wird eine weitere Grundwassermessstelle südlich der WAS7 errichtet und in das Monitoringprogramm integriert. Des Weiteren werden die bereits bestehenden, im Abstrom befindlichen, Grundwassermessstellen A33 und B336 in das Grundwassermonitoring einbezogen."  Für die Messstelle A 33 lag bis Sommer diesen Jahres kein Messwert vor, für B 336 ist immer noch keiner vorhanden. Für angeblich in 2019 neu hinzugenommene Messstellen für die Füllgruppe II  liegen bei den Grundwasseranalysen keine Anhaltspunkte vor.

 

1) Welche sechs Messstellen erfassen momentan den Abstrom der Füllgruppe II?

2) Kann es sein, dass es sich bei der in 2021 hinzugenommenen Messstelle um die bereits 2017 geforderte Messstelle A33 handelt, auf dessen Fehlen das Regierungspräsidium erst von einem besorgten Bürger hingewiesen wurde?

3) Welche neuen Messstellen sollen 2019 für die Füllgruppe II hinzugekommen sein?  

4) Wie kann es sein, dass die Messstellen A 33 und B336 2017 nicht in das Grundwasser-Monitoring aufgenommen wurden, obwohl der Sanierungsplan dies fordert und wie kann es sein, dass B336 weiterhin nicht beprobt wird? 

5) Ist es nicht eine negative Beeinflussung der Grundwasserqualität, dass im Herbst 2021 eine um den Faktor 8,3 erhöhte Überschreitung des Geringfügkeitsschwellenwertes gemessen wurde, obwohl dieser Wert vor der Sanierung höchstens um den Faktor 6,4 überschritten wurde?

 

2) Keine Anhaltspunkte für weitere Kontamination???

Vorwurf: Obwohl Anhaltspunkte vorliegen, dass schädliche Bodenveränderungen oder Altlastenbereiche noch vorliegen, wurden die vom Gesetz verlangten Maßnahmen nicht ergriffen: Allein auf Grundlage von ungenauen Plänen wurden weniger als 50 Prozent des Trassenbereichs auf dem WASAG-Gelände saniert. Die nicht sanierte Fläche der Trasse auf dem Altlastengelände wurde nur punktuell beprobt, so dass für weite Teile keine Messwerte vorliegen, die eine Verunreinigung ausschließen.

 

Antwort: Das Regierungspräsidium schreibt: "Der zuständigen Fachbehörde beim Regierungspräsidium liegen keine Anhaltspunkte für noch verbliebene Bereiche schädlicher Bodenveränderungen oder sonstiger Altlasten im Trassenbereich vor. Die Mutmaßung, dass die im Rahmen der Vorerkundungen verwendeten Unterlagen und Pläne ungenau seien, wird vom RPGI nicht geteilt. Nur in Teilbereichen des Trassenverlaufs innerhalb des WASAG-Geländes wurde ein Sanierungsbedarf auf Basis der umfassenden Vorerkundungen festgestellt. Eine rasterförmige Untersuchung in anderen Aushubbereichen des WASAG-Geländes innerhalb der Trasse hat dies nochmals zusätzlich bestätigt. Hier wurden teils minimale Verunreinigungen mit sprengstofftypischen Verbindungen festgestellt, die sich jedoch weit unterhalb der Sanierungsschwellenwerte befinden und lediglich relevant für die Entsorgung der Materialien sind. Weitere Verunreinigungen können mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden."

 

Dem steht gegenüber: 

Im Erläuterungsbericht Bodenuntersuchungen von 2008 ist festgestellt: "Bei der Beurteilung des noch bestehenden Untersuchungsbedarfs ist die Frage der teilweise nicht exakt bekannten Gebäudelagen zu erörtern. Im Gutachten zur Orientierenden Untersuchung wird auf fehlende georeferenzierte Luftbilder als grundlegendes Problem angesprochen. Bei einer Reihe von Altgebäuden wurde die Kenntnislücke im Rahmen der Bodenerkundung 2006 geschlossen, in der die Abwasserrinne mit Schurfen freigelegt wurde und somit die Gebäudelage festgelegt werden konnte. Die Zweifel an der Genauigkeit des Altgebäudeplans nach Preuss, die allen Arbeiten auf dem WASAG-Gelände zugrunde liegt, haben sich hierbei zumindest teilweise bestätigt."

Der zuständigen Fachbehörde liegen damit durchaus Informationen darüber vor, dass das vorhandene Material unzureichend ist. Außerdem hat das Regierungspräsidium einen Plan nicht berücksichtigt, der für das RP selber erstellt worden war - dieser wurde dem RP auf dessen Bitten von einem besorgten Bürger zugeschickt.. Darin sind Kanäle eingezeichnet, für die keine Untersuchungen vorliegen. Ebenfalls ist dort ein Gebäude verzeichnet, das minimal neben der Trasse liegt, und dessen Umfeld hätte beprobt werden müssen. Das RP hat zwar zusätzliche Rasteruntersuchungen durchgeführt- allerdings nur an drei Stellen von jeweils ca. 60 qm. Der Rest der ca. 100.000 qm großen Fläche wurde anhand einer Handvoll Proben für "sauber" erachtet.  Die Wahrscheinlichkeit, dass damit noch Kontaminationen vorhanden sind, ist immens, insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach dem Krieg unkontrollierten Sprengungen erfolgt sind (S. 54 des links, ebenfalls im Sanierungsplan beschrieben). Dass dies dem Regierungspräsidium bewusst sein muss, lässt sich aus einer Bestimmung im Planfeststellungsbeschluss S. 62 (Nr.16) ersehen: "Böden sind stichprobenartig auf Schadstofffreiheit zu kontrollieren."  

 

1) In welchen anderen Aushubbereichen wurde wann und warum eine zusätzliche rasterförmige Untersuchung angeordnet, wo doch die Sanierung seit langem abgeschlossen ist?

2) Wie können weitere Verunreinigungen mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, wo sich Zweifel an der Genauigkeit des Altgebäudeplans von Preuss auch durch ein Foto des WASAG-Geländes von 1948 bestätigt haben,  wo doch berechtigte Zweifel an der Genauigkeit des Altgebäudeplans bestehen, nach dem Krieg unkontrolliert gesprengt wurde, nach dem Krieg Sprengstoffe offen gelagert wurden und nicht sanierte Altkanäle auf der Trasse gefunden wurden?

 

3) Nicht kartiertes Gebäude

Vorwurf: Der Planfeststellungsbeschluss verlangt, „Die Untersuchung möglicher Altgebäude im Bereich des WASAG-Geländes ist durchzuführen.“ (S. 62) Es hat aber nur eine unzureichende Untersuchung möglicher Altgebäude im Bereich des WASAG-Geländes stattgefunden. So wurde z. B. ein auf einem Lageplan eingezeichnetes unbeziffertes Gebäude nicht untersucht und die erst nach den Rodungsarbeiten erkennbaren Grundmauern eines nicht kartierten Gebäudes auch nach einer Übersendung des Fotos an das Regierungspräsidium nicht untersucht. (Aktualisierung: das unbezifferte Gebäude befindet sich minimal neben der Trasse - die Umgebung hätte dennoch durchaus untersucht werden müssen!)

 

Antwort: Nach Auskunft des RP Gießen liegen die von Dritten in Plänen gegenüber dem RP Gießen angezeigten Gebäudereste erkennbar außerhalb des planfestgestellten Arbeitsbereichs für die Autobahntrasse. Ein Zusammenhang dieses Altgebäudes mit dem Autobahnbau ist nicht gegeben und der genannte Bereich ist von den durch Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses auferlegten Verpflichtungen somit nicht umfasst. Dieser Bereich unterliegt der vom RP Gießen verantworteten Gesamtsanierungsmaßnahme des WASAG-Geländes.

 

Zu den angesprochenen, mittels Fotographien angezeigten „Grundmauern eines nicht kartierten Gebäudes“ teilt das RP Gießen mit, dass zu diesem keine konkreten Ortsangaben vorlagen. Anhand des auf dem Foto erkennbaren Hintergrundes wurde die durch das zuständige Dezernat vor Ort der vermeintlich abgebildete Ort ermittelt.  An der entsprechenden Stelle konnten jedoch trotz weiträumiger Suche mit mehreren Personen keine Gebäudereste oder Grundmauern gefunden werden. Es konnte somit nicht bestätigt werden, dass es tatsächlich– wie behauptet – Grundmauern eines nicht kartierten Gebäudes im Arbeitsbereich der Trasse gab.

 

Dem steht gegenüber:

Bei den oben abgebildeten Grundmauern eines nicht kartierten Gebäudes wurden nach einem Besuch eines Informanden im Regierungspräsidiums Baggerschürfen angeordnet, da sich das Gebäude auf der Trasse befindet. Die Untersuchung ergab eine Kontamination, daher der Bereich ausgebaggert. Wohin das Erdreich gebracht wurde, konnte allerdings noch nicht ermittelt werden. Das war allerdings erst im September. Im April, als die Mauern gefunden wurde, nicht nachgefragt, wo genau denn die Mauern sich befinden. Selbstverständlich waren in der Zwischenzeit sämtliche Mauerreste verschwunden. Und dass, obwohl im ÖPP Vertrag gefordert ist, dass der Auftragnehmer den Auftraggeber informiert, sollten sich auf der Trasse Anzeichen zeigen, dass Altlasten vorliegen können (Punkt 33.4.3. S. 70)

 

Wie kann es sein, dass das Regierungspräsidium behauptet, die Mauerreste hätten sich nicht auf der Trasse befunden, wenn doch genau dort Baggerschürfen angeordnet wurden?

 

4) Unvollständige Sprengstoffliste

Vorwurf: Es wurden bei der Beprobung der Verdachtsflächen nicht alle Sprengstoffe berücksichtigt, die im sanierten militärischen Teil des WASAG-Gebietes verwendet wurden. U. a. das dort in großen Mengen hergestellte Tetryl wurde laut Auskunft aus dem Regierungspräsidium nicht in den Katalog aufgenommen, weil es in einem einzigen Bereich außerhalb der Trasse nicht nachgewiesen werden konnte. Diese Begründung ist in Anbetracht der historischen Erkenntnisse nicht nachvollziehbar. Damit ist nicht sichergestellt, dass nur Böden mit sprengstofftypischen Verbindungen unterhalb der Eingreifgrenze auf dem Gelände verbleiben wie vorgeschrieben (Planfeststellungsbeschluss S. 62). Auch im Grundwassermonitoring fehlen diese Stoffe.

 

Antwort: Das Stoffspektrum für die Untersuchungen der Rüstungsaltlast wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Marburg auf Leitparameter festgelegt, die sicherstellen, dass es zu keinem Informationsverlust kommt. Davon abweichende Parameter wurden in begründeten Verdachtsfällen separat untersucht. Die Festlegung der Leitparameter für das WASAG-Gelände ist unter Berücksichtigung der dortigen Standortgegebenheiten und unter Einbeziehung der Erfahrungen aus anderen Bereichen der Rüstungsaltlast erfolgt, soweit diese übertragbar und relevant waren. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das vorliegend maßgebliche Stoffspektrum standortbezogene Faktoren oder Erkenntnisse unberücksichtigt lässt. Da der Trassenbereich der A 49 nur einen geringen Teilbereich des WASAG-Geländes schneidet, wurde auf den Verdachtsflächen in diesem Areal nur der jeweils relevante Parameterumfang untersucht. In anderen Teilen des WASAG-Geländes erfolgte zudem die Untersuchung weiterer (rüstungsspezifischer) Parameter.

 

Es liegt kein Verdacht auf eine Verunreinigung mit Tetryl im Trassenbereich abseits der als Leitparameter untersuchten Stoffe vor. 

 

Dem steht entgegen:

Der Universität Marburg war sicher nicht bekannt, welche Sprengstoffe im militärischen Bereich des WASAG-Geländes produziert wurden. Anders als dem RP das hätte bekannt sein müssen- wie z. B. durch ein Buch zum WASAG-Gelände von Wolff und das Gutachten von 1988, das vom Regierungspräsidium selber in Auftrag gegeben worden war. Dort ist eindeutig belegt, dass im militärischen Bereich des WASAG-Geländes zusätzlich zu denen im zivilen Bereich des Geländes weitere Sprengstoffe, wie u. a. Tetryl verwendet wurden.  Tetryl wurde aber lediglich in den 2000er Jahren in einem kleinen Bereich abseits der Trasse beprobt (Gebäude 3065, 3068 und 3069) - seitdem nicht mehr. Der Zweckverband Mittelhessische Wasserwerke schrieb im Mai 2021, er habe das Regierungspräsidium gebeten, drei weitere Stoffe, darunter Tetryl, mit in die Beprobung aufzunehmen.

 

Wie also kann das RP behaupten, es läge kein Verdacht auf Verunreinigung mit anderen Sprengstoffen vor?

5) Falschaussage bei belasteten Hölzern

Vorwurf: Die Empfehlungen sehen vor alle Hölzer aus dem Altlastengebiet der thermischen Verwertung zuzuführen. Hier wurden allerdings lediglich 600 Tonnen an Wurzelstubben thermisch verwertet. Die verwertbaren Hölzer wurden bedenkenlos weiterverkauft, der übrige Teil von Wurzelstubben und Ästen des WASAG-Geländes wurde unbeprobt geschreddert und auf der Trasse verteilt. Von diesen Baumteilen geht eine Gefahr aus, weil sich in Wurzeln, Hölzern und Nadeln Sprengstoffe ansammeln, die nun wieder freigegeben werden. Solche belasteten Hölzer wurden auch außerhalb der sanierten Bereiche gefunden.

 

Antwort aus dem Regierungspräsidium: "Die Entsorgung von Abfällen hier „Wurzelstubben“ erfolgte auf Grundlage des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den entsprechenden untergesetzlichen Regelwerken. Es wurden im Frühjahr 2020 Deklarationsanalysen aus diesen Wurzelstubben zur Abfalleinstufung erstellt und die Holzabfälle zur thermischen Verwertung verbracht. Insgesamt wurden im Rahmen der DEGES-Sanierung 491,3 t und im Rahmen der LBIH-Sanierung 112,28 t Wurzelstubbenhölzer entsorgt. Auf Grundlage der Analysen der Wurzelstubben konnten diese Abfälle als nicht gefährlich eingestuft werden. Eine relevante Anreicherung von „Sprengstoffen“ konnte selbst in den Wurzelstubben der o.g. Sanierungsflächen nicht festgestellt werden, weshalb eine Gefährdung durch andere Baumteile ausgeschlossen wurde.  Dass verwertbare Hölzer auch der Verwertung zugeführt werden, ist ein Ziel der Forstwirtschaft. Diese Hölzer sind definitionsgemäß kein Abfall und unterliegen somit auch nicht dem Abfallregime. Funde von „belasteten“ Hölzern, die im Rahmen des Autobahnbaus angefallen sind und nicht der Entsorgung zugeführt wurden, sind seitens des RP Gießen nicht bekannt und wurden diesem gegenüber auf entsprechende Nachfragen von Dritten nie belegt."

 

Dem steht gegenüber:

a) Die Entsorgungsprotokolle für die ca. 600 Tonnen an entsorgten Wurzelstubben stammen nicht aus dem Frühjahr 2020, sondern aus dem Jahr 2019.

b) Es wurden lediglich 13 Proben genommen. Damit ist nicht bewiesen, dass sämtliche Wurzeln frei von Kontamination waren.

c) In den Ausschreibungsunterlagen ist die Rede von 15.000 Tonnen an Wurzelstubben. 

d) Das RP hatte durchaus Kenntnis über mit TNT-belastete Hölzer, da es bei einem Vorort Termin am 4.5.21 im WASAG-Gelände darauf angesprochen wurde. Die mündliche Reaktion war: "Der Janowsky-Schnelltest ist aber auch sehr empfindlich." Und das, obwohl dieser Schnelltest im benachbarten DAG-Gelände zum Auffinden von Kontaminationsflächen genutzt wurde. Eine schriftliche Nachfrage führte zu der Antwort, dass der positive Befund angeblich nicht belastbar sei, allerdings nicht zu weiteren Nachfragen.

  

1) Wie kann es sein, dass die Aussagen des Regierungspräsidiums nicht mit den Entsorgungsprotokollen übereinstimmen?

Und: 2) Warum gibt das Regierungspräsidium nicht zu, dass es bei einem Vorort – Termin mit ca. 15 Vertreter:innen des Regierungspräsidiums, der Strabag, der Bundeswehr, des sanierenden Ingenieurbüros u. a. über belastete Hölzer informiert wurde? 

6) Neuer Anbieter und alle Beprobungswerte auf Null!

Vorwurf: Seitdem im Juni ein neuer Dienstleister die Beprobung der Messstellen des Grundwassermonitorings übernommen hat, sind keine Nachweise für sprengstofftypische Verbindungen mehr zu finden, obwohl diese vorher jahrelang in geringen Konzentrationen vorhanden waren.

 

Antwort aus dem Regierungspräsidium:

Diese Aussage ist nicht zutreffend. Der jüngste vorliegende Untersuchungsbericht dokumentiert geringe Gehalte von sprengstofftypischen Verbindungen im Grundwasser, die in der Größenordnung der Messungen der Vorjahre liegen. Die Laboruntersuchungen werden, wie zuvor, von einem entsprechend akkreditierten Dienstleister durchgeführt. 

 

Das ist dazu zu sagen: 

Es ist richtig, dass seit der Zusammenstellung der Versäumnisse am 5.11. eine neue Beprobung durchgeführt wurde, die Belastungen aufzeigt. Das ändert aber nichts daran, dass in der Beprobung von Juni 2021, die erstmals durch einen neuen Dienstleister durchgeführt wurde, sämtliche vorher gemessenen Belastungen verschwunden waren.

Wie kann es sein, dass diese Messung - in der auch viele wichtige Messstellen fehlten, dafür aber unwichtige neu beprobt wurden - keine Nachfrage seitens des Regierungspräsidiums beim neuen Dienstleister nach sich gezogen hat?

 

Weitere Widersprüche

Frage: Welche Monitoring Maßnahmen sind vorgesehen zur ... Grundwasserbelastung? Welche Parameter sind in der Überwachung?

 

Antwort:

Seit 2014 findet ein Grundwasser-Überwachungsprogramm im Grundwasserabstrom des gesamten WASAG-Geländes statt. Diese Überwachungsmaßnahmen wurden anlässlich von Sanierungsarbeiten im WASAG-Gebiet aufgenommen. Hierüber wird seither in regelmäßigen Intervallen das Grundwasser auf mögliche Belastungen mit den u. g. Parametern überwacht. ....Im Rahmen jeder Messreihe werden ... die folgenden Parameter untersucht: 2,4,6-Trinitrotoluol (TNT), 2,4-Dinitrotoluol (2,4-DNT)

 

2,6-Dinitrotoluol (2,6-DNT), 2-Nitrotoluol (2-NT), 3-Nitrotoluol (3-NT), 4-Nitrotoluol (4-NT), 3,4-Dinitrotoluol (3,4-DNT), 2-Amino-4,6-Dinitrotoluol (2-A-4,6-DNT), 4-Amino-2,6-Dinitrotoluol (4-A-2,6-DNT), 1,3,5-Trinitrobenzol (1,3,5-TNB), Hexyl. Hexogen (RDX), Summe STV (berechnet) ... Im Zuge einzelner Messungen wurden bzw. werden zudem begleitend die folgenden Parameter untersucht: Schwermetalle (Zink, Quecksilber, Kupfer, Nickel, Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Eisen, Mangan)

 

Gelöster Organischer Kohlenstoff (DOC), Ammonium. Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)... Dinitrodiphenylamin

Alle vorhandenen Messstellen im Grundwasserabstrom des WASAG-Geländes werden seit April 2014 regelmäßig beprobt, die Untersuchungen erfolgen im Intervall von drei Monaten.

Vor bzw. zu Beginn der bodeneingreifenden Maßnahmen wurden sämtliche o. g. Parameter an den Messstellen untersucht.

 

Dazu ist zu sagen:

1) Die vorhandene Messstelle A33 wird erst seit Herbst 2021 beprobt. 

2) Nur ein Teil der aufgeführten sprengstoffrelevanten Parameter wurde für die Wasserproben verwendet, die anderen Parameter wurden nur für Bodenproben verwendet und nie für die Wasserproben.

3) Der Zweckverband Mittelhessische Wasserwerke hat das RP im Mai gebeten, u. a. Dinitrodiphenylamin in die Beprobung mit aufzunehmen.

4) Die Messstelle B336 wurde nie beprobt und ist nicht vorhanden.

 

Frage:  Was passiert mit den Gebäuderesten auf der Trasse und neben der Trasse? Wurden auch diese getestet und entsprechend entsorgt? Wenn nein, warum nicht?

Wie auf dem angehängten Foto Nr. 2 (Mauerreste in dem Gebiet des WASAG-Geländes) zu erkennen ist, hat es den Anschein, dass Gebäudereste einfach mit Erde überschüttet wurden / werden.

 

Antwort: "Es haben umfangreiche Untersuchungen an den Gebäuderesten auf und neben der Trasse stattgefunden, sowohl vor dessen Abbruch als auch die dadurch entstandenen Abbruchhaufwerke wurden analysiert. Anschließend wurden die Abfälle entsprechend der erhaltenen Analysenergebnisse deklariert und je nach Belastungsgrad über unterschiedliche Entsorgungswege zur Entsorgung verbracht. Durch die Sanierungsarbeiten wurden alle ausgebauten Materialien beprobt, abfalltechnisch eingestuft und ordnungsgemäß verwertet oder beseitigt. In diesem Bereich bestehen keine sanierungsbedürftigen Verunreinigungen mehr. ..."

 

Dazu ist zu sagen: Diese Antwort löst das Rätsel um die gefundenen Mauerreste nicht. Denn mit dem im Februar 2021 angeblich eingegangenen Abschlussbericht war die Sanierung ja abgeschlossen. Protokolle von Mauerresten liegen nur für die im Sanierungsplan 2017 aufgenommenen Gebäude vor. Seither Februar 2021 gibt es diesbezüglich keine  weiteren Protokolle.

 

... und offene Fragen

An verschiedenen Stellen wurde darauf aufmerksam gemacht,  dass die im Planfeststellungsbeschluss geforderte Nullmessung der Messstelle A33 bisher nicht gefunden werden konnte. Die DEGES antwortete zwar, diese läge vor, übersandte allerdings kein Messprotokoll. Das Regierungspräsidium seinerseits antwortete, die DEGES habe ja schon geantwortet, daher wäre eine weitere Antwort nicht nötig. Eine erneute Bitte um Übersendung wurde bisher nicht beantwortet.

TNT-Nachweis in der Joßklein

Auf die Bitte, weitere Beprobungen durchzuführen, weil im Juli in der Joßkleinaue TNT nachgewiesen wurde, antwortete das Regierungspräsidium zunächst u. a. "Der Nachweis von TNT in der Joßklein muss nicht zwangsläufig auf die Bauarbeiten für die Autobahn zurückzuführen sein. Dennoch wird diesem Hinweis selbstverständlich nachgegangen. ... Für mich ist auch nicht nachvollziehbar, inwieweit die Baumaßnahmen konkret zu einer Verunreinigung in der Joßklein geführt haben sollen – wenn Sie hierzu weitere Informationen haben, um diese Argumentationskette zu schließen, teilen Sie mir die natürlich bitte mit." 

Daraufhin wurden dem Regierungspräsidium Filme übersandt, die dokumentieren, dass unbeprobtes Erdmaterial aus dem Altlastengebiet in die Joßkleinaue gebracht wurde. Knapp einen Monat später erst antwortet das Regierungspräsidium auf die damit verbundenen Fragen.  "Da vor Beginn der Bauarbeiten für die Trasse der A 49 meines Wissens keine Untersuchungen des Oberflächenwassers in der Joßklein durchgeführt wurden, ist ein Vergleich und damit ein Rückschluss auf die Bauarbeiten als mögliche Ursache hierfür schwierig."  Es heißt, der Frage nach der Verunreinigung der Joßklein werde weiter nachgegangen - wir konkret, wird dabei nicht ausgeführt. 

Und auch: Beginn der Bauarbeiten ohne Freigabe?

Am 19.6. wurde in einer HUIG Anfrage die "Dokumentation der Sanierung inklusive Prüfbericht des Regierungspräsidiums Gießen" erbeten. Nach einer wiederholten Anfrage nach Ablauf der vorgeschriebenen Vier-Wochen-Frist für eine Antwort, antwortet das RP am 6.8. "dass Ihre Anfrage teilweise zu unbestimmt ist. Ich bitte Sie daher gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 HUIG um Konkretisierung Ihres Antrages bezüglich der folgenden Punkte: 

• Was ist mit Planung der Sanierungsuntersuchung gemeint?

• Welcher Prüfbericht ist gemeint und was soll darin dokumentiert sein?

 

Auf eine erneute Frage nach dem Sanierungsplan, einer Überprüfung der Sanierung und einer Dokumentation  der Sanierung am 22.8. antwortet das RP am 14.10.

Anders als in Ihrer ursprünglichen Anfrage nach „Planung und Dokumentation der Sanierungsuntersuchung“, beziehen Sie sich jetzt auf den Sanierungsplan. Diese Unterlagen können Ihnen durch Akteneinsichtnahme vor Ort zugänglich gemacht werden.  Zu dem ursprünglich angefragten „Prüfbericht zur Dokumentation“ entnehme ich Ihrer Mail-Antwort vom 22.08.21, dass es Ihnen um die Dokumentation der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen geht. Auch in diese Unterlagen können Sie vor Ort Einsicht nehmen.

 

Sollte dieses Verwirrspiel davon ablenken, dass die Bewertung des Sanierungserfolges erst am 22.7.21 erfolgte, obwohl die Bauarbeiten da schon in vollem Gang waren?