Gutachten und Gegengutachten

Chronik 

6/2020 Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest, dass der Planfeststellungsbeschluss bezüglich der europäischen Wasserrahmenrichtlinie fehlerhaft ist. In dem Urteil wird auf die "nicht unerheblichen Investitionen" hingewiesen, die bereits ausgeführt wurden (Punkt 72) - was für eine Begründung! Es verweist darauf, dass die Planfeststellungsbehörde nachträglich noch wasserrechtliche Genehmigungen zurückziehen oder neue Anordnungen erlassen kann. Dabei ist bereits zum Zeitpunkt des Urteils klar, dass die Planfeststellungsbehörde davon keinen Gebrauch machen wird. Mantraartig wiederholt sie, sie sei gar nicht mehr zuständig für nicht umgesetzte Nebenbestimmungen zum Wasserrecht o. ä. - obwohl das Gegenteil der Fall ist.Ermessensfehlerfrei hat der Beklagte auch den nicht unerheblichen Investitionen, die die Vorhabenträgerin bereits im Vertrauen auf den Bestand des (rechtskräftig bestätigten) Planfeststellungsbeschlusses aufgewendet hat, ein besonderes Gewicht beigemessenErmessensfehlerfrei hat der Beklagte auch den nicht unerheblichen Investitionen, die die Vorhabenträgerin bereits im Vertrauen auf den Bestand des (rechtskräftig bestätigten) Planfeststellungsbeschlusses aufgewendet hat, ein besonderes Gewicht beigemessenErmessensfehlerfrei hat der Beklagte auch den nicht unerheblichen Investitionen, die die Vorhabenträgerin bereits im Vertrauen auf den Bestand des (rechtskräftig bestätigten) Planfeststellungsbeschlusses aufgewendet hat, ein besonderes Gewicht beigemessenD

Das ist auch höchstrichterlich bestätigt.

9/2020 Pünktlich zum Beginn der Rodungssaison bescheinigt am 28.9. ein von der DEGES beauftragtes Gutachten Unbedenklichkeit bezüglich des Wasserschutzes.

10/2020 Ein Greenpeace Gutachten belegt, das dieses Gutachten nicht ausreichend ist. Auch ein vom Aktionsbündnis "Keine A49" in Auftrag gegebenes Gegengutachten sieht in dem DEGES Gutachten erhebliche Mängel. Tarek Al-Wazir äußerst sich vor dem Studium, das Gutachten sei "unzureichend fundiert" ... werde geprüft ... habe für die Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses  ... aber keine juristische Relevanz unabhängig vom Ergebnis der Prüfung ...." (aufgefunden von David Bauer in seiner aufschlussreichen Analyse "Grüne Handlungsverweigerung im Fall der A 49" ). 

11/2020 Die ahu antwortet auf das Gegengutachten zum Wasserschutz mit einer Überarbeitung.

12/2020 Die Linken stellen eine Kleine Anfrage zur europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Der hessische Verkehrsminister antwortet, er sähe momentan keinen Handlungsbedarf.  "Sollten sich diesbezüglich zukünftig neue Erkenntnisse ergeben, wird die Landesregierung diese selbstverständlich prüfen und ggf. die notwendigen Maßnahmen veranlassen."  Das klingt so, als ob schon bekannt gewesen wäre, dass ein neues Merkblatt in Arbeit ist, das neue Maßnahmen notwendig macht.

Die Linken stellen einen Antrag auf Überprüfung der wasserrechtlichen Erlaubnisse. Dieser Antrag wird in der Tagesordnung der Plenarsitzung im Februar 2021 so weit nach hinten gesetzt, dass er nicht mehr behandelt wird.

3/2021 Regio consult erstellt im Auftrag der Linken ein Gutachten, das der ahu Stellungnahme erhebliche Fehler bescheinigt und ein ordnungsgemäßes Gutachten fordert. Hier geht es zum Gutachten und einer Präsentation.

9/2021 Bei der Planfeststellungsbehörde wird ein Antrag auf Erlass einer nachträglichen Anordnung zu den wasserrechtlichen Erlaubnissen gestellt.

11/2021 Der Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Hessen Mathias Wagner spricht sich im November 2021 leider gegen einen Antrag aus, ein solches Gutachten zur Wasserrahmenrichtlinie mit aktuellen Daten in Auftrag zu geben, u. a. mit der Begründung, dieser (in Wahrheit erstmals gestellte) Antrag sei schon mehrfach gestellt worden. (ab Minute 6:13:20).

12/2022 Die Planfeststellungsbehörde erlässt eine nachträgliche Anordnung zu einer Neuberechnung der Auswirkungen des Autobahnbaus auf das Wasser - die wichtigsten Aspekte bleiben jedoch unberücksichtigt.

2/2023 Die Linken stellen im Landtag Fragen zu den Hintergründen und den Missständen bei der nachträglichen Anordnung. Sie wurden wiederholt vertagt bzw. Von der Tagesordnung genommen: https://starweb.hessen.de/starweb/LIS/servlet.starweb

 

Mängel im Gutachten der ahu

In dem ahu- Gutachten sollte dargelegt werden, dass es im Rahmen des Ausbaus nicht zu einer Verschlechterung der Wasserqualität kommt.

  • Allerdings wurden für diesen Nachweis gar nicht die konkreten Ist Zustände ermittelt anhand derer nachweisbar wäre, dass es zu keiner Verschlechterung kommt. Auch bei den Auswirkungen des Baus von Brückenpfeilern ins Grundwasser wurden keine konkreten Zahlen verwendet: es wurde nicht ausgeführt, wie tief der Bau ins Grundwasser eingreift.
  • Zum Grundwasser selber wurden völlig veraltete Daten verwendet. Dabei ist in Dürresommern die Wassersituation eine völlig andere als in den Jahren, die als Berechnungsgrundlage genommen wurden. Auch erfordern die mit dem Klimawandel einhergehenden zunehmenden Starkregenereignisse neue Bemessungen der Ableitungen und Regenrückhaltebecken. Darauf wurde schon 2014 in einem Gutachten für die Bundesanstalt für Straßenwesen hingewiesen. Aber auch dieser Umstand wurde im Gutachten ignoriert.
  • Das Gutachten ist an wichtigen Punkten falsch. So wird darin behauptet: im gesamten Verlauf ist vorgesehen, die Straßenabwässer zu sammeln und in Regenrückhaltebecken zu reinigen (S. 71). Dies ist nicht der Fall.
  • In der Risikostudie wird angeben, dass der Mittelstreifen überall abgedichtet wird, im ahu Gutachten (S. 71) klingt es so, als ob dies umgesetzt wird. Im Planfeststellungsbeschluss dagegen ist z. B. auf S. 481 ausgeführt, dass der Mittelstreifen in WSZ III A zur dort abgedichtet wird, wo die Grundwasserüberdeckung klein oder mittel ist. Es wird angenommen: "Der Großteil des insgesamt etwa 8,4 km langen Streckenabschnitts innerhalb der WSZ II und WSZ III A der Trinkwassergewinnungsanlagen der Wasserwerke Wohratal und Stadtallendorf des ZMW weist eine Mächtigkeit der Grundwasserüberdeckung über 15 m auf." (PFB S. 469, genauere Ausführungen auf S. 477)  Damit wird ein großer Teil der Fahrbahn nicht abgedichtet. Die Daten dieser Grundwasserüberdeckung sind dabei deutlich älter als ein Jahrzehnt und damit völlig überholt. Daher hätte dieser Wirkungspfad im Gutachten betrachtet und bewertet werden müssen. 
  • Im Gutachten wird außerdem behauptet, die Einleitestelle der Fernableitung befände sich außerhalb der WSZ II. Diese Formulierung ist damit noch weiter von der Wahrheit entfernt als die Formulierung des PFB AM RANDE.
  • Auch wird im Gutachten zugegeben, in Hochwassersituationen könnte belastetes Wasser ins Grundwasser gelangen. und obwohl die Stelle in einem Überschwemmungsgebiet liegt, wurde das Gutachten akzeptiert. Auch hier liegt mehr als eine fahrlässige Gefährdung des Grundwassers vor. 
  • Wichtige Schwermetalle wurden nicht untersucht. Außerdem wurde das Gutachten auf Basis von veralteten Grundlagen ohne Kenntnisse zum Grundwasser erstellt.

Hier geht es zu näheren Einzelheiten: https://www.danni-lebt.de/widerstand/skandalkalender/wrrl/

Hier geht es zu einer Pressemitteilung: https://www.danni-lebt.de/widerstand/pressemitteilungen/wasserschutz-der-gr%C3%BCnen/

Keine Berechnung der Auswirkungen auf die Grundwassermenge 

 

Die Auswirkungen des Klimawandels sind auch für die Grundwasserneubildung verheerend. Der hessische Verkehrsminister muss daher dringend eine Berechnung der Auswirkungen auf die Grundwasserquantität anordnen. Sonst muss den 500.000 Menschen, die von diesem Wasser leben, demnächst auch das Wasser in Tankwagen angeliefert werden. Die Frage ist nur: woher?

Altlasten im ahu-Gutachten? Angeblich nicht notwendig!

 

Die Anfrage nach der Berücksichtigung der Altlastenproblematik im ahu-Gutachten wird vom Regierungspräsidium wie folgt beantwortet: 

"Die festgestellten Altlasten im Trassenbereich wurden gemäß den Bestimmungen des Bodenschutzrechts saniert. Im Vorfeld der Sanierung wurden Eingreifwerte festgelegt. Alle Bereiche, in denen Eingreifwertüberschreitungen vorlagen, waren zu sanieren. Unabhängig von den Eingreifwerten war sicherzustellen, dass nach erfolgter Sanierung eine Gefährdung des Grundwassers auszuschließen ist. Daher ist keine Mobilisierung von Schadstoffen aus der Altlast durch die Bauarbeiten zu befürchten.

Das WRRL-Gutachten betrachtet lediglich die Auswirkungen, die durch den Bau und Betrieb der Autobahn entstehen. Aufgrund der abgeschlossenen Sanierungsmaßnahmen ist von keiner Verschlechterung der Grundwasserqualität durch die Baumaßnahmen in Bezug auf Altlasten auszugehen.

 

Dazu ist zu sagen: Auch nach Abschluss von Sanierungsarbeiten sind immer noch Schadstoffquellen vorhanden. Es verbleiben laut dem Endbericht Kora TV  5.2. S. 128 mindestens 7 % der Schadstoffe im Boden. Allerdings wurden nur ca. zehn Prozent des betroffenen Geländes saniert. Und in den Sanierungsbaugruben verblieben Restkontaminationen, die nicht hätten verlagert werden dürfen, vgl. https://www.danni-lebt.de/un-recht/rp/restkontamination/  u. a.
Auch wurden erhebliche Mengen an Erde aus dem WASAG- Gelände verlagert, ohne dass vorher sicher gestellt worden wäre, dass die Erde unbelastet ist.

Tricks beim Gutachten der Autobahnbauer

 

Bei der Betrachtung der Schädlichkeit von Tausalzaufbringung für das Grundwasser wurde ein jährlicher(!) Mittelwert zugrunde gelegt.

 

Obwohl Tausalz nur an wenigen Tagen im Jahr aufgebracht wird, wird ein jährlicher Durchschnitt errechnet, um eine Unbedenklichkeit darzustellen, die bei korrekter Berechnung nicht gegeben ist. Siehe S. 59 im Gutachten 

 

Und so kommt das Gutachten auf S. 69 zu dem Ergebnis: 

"Die Zunahme der Chlorid-Belastung infolge der Tausalzaufbringung ist bezogen auf die Jahresfracht als unbedenklich anzusehen." 

 

Würde ein Gutachter zu seinem Kind auch sagen: "Ist nicht schlimm, wenn Du 3,5 Liter Blut verlierst, im Jahresdurchschnitt sind das nur 10 ml und damit unbedenklich?"

Wasserrecht  in der Planfeststellung

 

Auf Seite 494 des Planfeststellungsbeschluss wird konstatiert: Unter Berücksichtigung der hohen Bedeutung des aus Gründen des Allgemeinwohls notwendigen Vorhabens konnten daher die erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen erteilt werden. 

 

Die Erlaubnis der Einleitung von Niederschlagswasser "kann jederzeit - auch teilweise - widerrufen werden." (PFB S 15), ebenso wie die Erlaubnis "für das Aufstauen, Absenken und Umleiten von Grundwasser durch dauerhaftes Einbinden baulicher Anlagen in das Grundwasser" (S. 17).

 

Bereits 2014 wurde festgestellt, die Planungen für Entwässerungseinrichtungen müssten wegen des Klimawandels angepasst werden (vgl. Resumee S. 38). 

 

 

Ignorierte Gutachten (Stand: März 2021)

Das Gutachten zur Wasserrahmenrichtlinie, dass die hessische Landesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Leipzig in Auftrag gegeben hat - ein erwartbar Unbedenklichkeit bescheinigendes Gutachten lag pünktlich zum Rodungsstart am 28.9.20 vor.   

Im November lag bereits ein Gegengutachten, dass dem ahu Gutachten methodische Mängel vorwirft, das allerdings vom hessischen Ministerium ignoriert wurde, bevor es überhaupt gelesen wurde:  "Das Gutachten ... sei "unzureichend fundiert" ... werde geprüft ... habe für die Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ... aber keine juristische Relevanz, unabhängig vom Ergebnis der Prüfung ..."  (hier ist der neue link!) (aufgefunden von David Bauer in seiner aufschlussreichen Analyse "Grüne Handlungsverweigerung im Fall der A 49" ).

Die Gegenstellungnahme der ahu ist wenig aussagekräftig und wurde inzwischen von Regio Consult entkräftet (siehe oben).

  

(Abdruck des Flyers mit freundlicher Genehmigung von WaldstattAsphalt.)