Aus verschiedenen Gründen ist das Grundwassermonitoring lückenhaft:
1) Falsche hydrogeologische Grundlagen
Für das Grundwassermonitoring wurde kein hydrogeologisches Modell erstellt. Stattdessen wurde eine Grafik des benachbarten DAG-Geländes übernommen. Die Maserung der Gesteinsschichten zeigen aber - ebenso wie die Höhenlinien in den geologischen Karten - dass das Wasser eine andere Fließrichtung hat. In der tatsächlichen Fließrichtung des Wassers aus dem sanierten Bereich der Füllgruppe II gibt es kaum eine Messstelle, die sicher stellt, dass keine Kontaminationen ins Grundwasser des Trinkwasserschutzgebietes gelangen
Abstrom-Richtung ist nicht parallel zur Trasse!
Auf diesem Foto ist eindeutig erkennbar, dass das Wasser quer zur Trasse abläuft statt parallel zur Trasse wie in sämtlichen Plänen eingezeichnet (vgl. das Bild ganz oben).
In dieser Richtung findet eine Überwachung auf sprengstofftypische Verbindungen höchstens für einen Teil des Geländes in einer einzigen Messstelle statt. Die genaue Lage dieser Messstelle konnte dabei im Regierungspräsidium bisher nicht in Erfahrung gebracht werden.
Eine große Fläche des Gebietes, aus dem Wasser in Richtung des Wasserschutzgebietes fließt, nicht überwacht, obwohl hier Kontaminationen mit Sprengstoffen wahrscheinlich sind: südwestlich der sanierten Füllgruppe II befanden sich in Kriegszeiten Trockenhäuser von Sprengstoffen, Altkanäle und eine Kläranlage des WASAG-Geländes (oben rot umkringelt).
2) Unvollständige Beprobung der Messtellen
Das Regierungspräsidium Gießen schrieb im August 2021: "Alle vorhandenen Messstellen im Grundwasserabstrom des WASAG-Geländes werden seit April 2014 regelmäßig beprobt" Das ist nachweislich falsch, wie eine Überprüfung der Werte ergeben hat: manche Messstellen sind wiederholt nicht beprobbar, andere wurden gar nicht eingerichtet. Hier wurde nur unvollständig saniert. Auch ist es nach Abschluss einer Sanierung notwendig, dass Wasser zu kontrollieren, da es möglich ist, dass Schadstoffe mobilisiert werden und sich in nicht sanierte Bereiche bewegen.
2) Unvollständige Beprobung (ausführlich)
Laut Sanierungsplan wurde „zur Überwachung der Grundwasserverhältnisse im Bereich des WASAG-Geländes … im Frühjahr 2014 ein Grundwassermonitoring bestehend aus acht Grundwassermessstellen eingerichtet (WAS 4-8 und die Dreifachmessstelle WAS 12 A,B,C). Dieses dient der Überwachung des abströmenden Grundwassers aus dem Gebiet und soll prüfen, ob Sprengstoffverbindungen über den Sickerwasserpfad in das Grundwasser eingetragen werden. Es ist von einer Gefährdung des Grundwassers auszugehen.“[1] Da dieses Monitoring als nicht hinreichend erachtet wurde (vgl. auch die Karte auf der nächsten Seite), wurden 2017 drei weitere Messstellen in das Monitoring aufgenommen. [2] Für zwei wichtige dieser neuen Messstellen liegen keine Werte vor:
[1] Sanierungsplan 2017, S. 17
[2] Vgl. ebda. Seite 109: „… da das aktuelle Messtellennetz (Stand Juli 2017) den Sanierungsbereich Füllgruppe II nur unzureichend erfasst, wird das Grundwassermessstellennetz erweitert.“ Umgesetzt wurde von dieser Erweiterung aber nur die Einrichtung der Messstelle WAS 14 neu. Es scheint allerdings, diese Messstelle wäre nicht dort eingerichtet worden, wo sie geplant war. Das Regierungspräsidium sah sich bisher nicht in der Lage, diese Messstelle zu lokalisieren.
Merkwürdigkeiten beim Monitoring
Fraglich ist außerdem, warum keine weiteren Messstellen aufgenommen wurden:
Damit wird das Abstromgebiet einer großen Fläche südwestlich der Füllgruppe II nicht überwacht, obwohl sich dort in Kriegszeiten u. a. Trockenhäuser von Sprengstoffen, Altkanäle und eine Kläranlage befanden (auf der Karte rot umkringelt) sowie mindestens ein nicht näher bestimmtes Gebäude in der Nähe der Artilleriestraße[1]. Hier wurden im April lösungsmittelartige Gerüche wahrgenommen und diverse Kalksäcke aufgebracht[2] mit der Begründung, der Kalk diene der Stabilisierung. Das wäre nicht das erste Mal, dass der Öffentlichkeit die Wahrheit vorenthalten wird.[3]
[1] Foto des WASAG-Geländes von 1948. In: Preuss, Eitelberg et al. 1991, Erkundung und Rekonstruktion des Sprengstoffwerkes der Westfälisch Anhaltischen Sprengstoff AG, erstellt für das RP Gießen in Vertretung für Umweltministerium Land Hessen. Vgl. https://www.danni-lebt.de/un-recht/wasserschutz/grundwassermonitoring/
[2] Foto: https://www.danni-lebt.de/un-recht/wasserschutz/grundwassermonitoring/
[3] Vgl. eine Dokumentation von RTL aus dem Jahr 1989 https://www.youtube.com/watch?v=32sPayrOs80&t=256s
Unten: die angeblich nicht vorhandene Messstelle P 19,
rechts: die angeblich nicht zugängliche Messstelle M1A