Mangelhaftes Grundwassermonitoring

Aus verschiedenen Gründen ist das Grundwassermonitoring lückenhaft:

  1. Es wurde auf Basis falscher hydrogeologischer Grundlagen erstellt: der Abstrom fließt nicht parallel zur Trasse
  2. Im angenommenen Abstrombereich der für die Trasse der A49 sanierten Füllgruppe II gab es vor der Sanierung keine Messstelle, die auf sprengstofftypische Verbindungen beprobt wurde. Daher wurden drei Messstellen neu ins Grundwassermonitoring aufgenommen. Von diesen drei Messstellen wurde bis Herbst 2021 nur eine Messstelle beprobt. (Diese Messstelle befindet sich aber laut Aussagen aus dem Regierungspräsidium nicht an der vorgesehenen Stelle. Wo genau sie gebohrt wurde, wurde bisher nicht mitgeteilt.) Die im Sanierungsplan geforderten Nullmessungen wurden damit bei zwei Messstellen nicht durchgeführt. Die dritte Messstelle wurde bisher nicht eingerichtet. Sie wurde zwar laut Herbst 2021 ins Grundwassermonitoring aufgenommen, allerdings war sie da schon überbaut. Trotzdem wurde im Kurzbericht von Hebst 2021 angegeben, sie sei trocken gefallen. Laut Bescheid zum Sanierungsplan ist eine Ersatzmessstelle einzurichten. Diese Forderung wurde bisher nicht umgesetzt.

1) Falsche hydrogeologische Grundlagen

 

Für das Grundwassermonitoring wurde kein hydrogeologisches Modell erstellt. Stattdessen wurde eine Grafik des benachbarten DAG-Geländes übernommen. Die Maserung der Gesteinsschichten zeigen aber - ebenso wie die Höhenlinien in den geologischen Karten - dass das Wasser eine andere Fließrichtung hat. In der tatsächlichen Fließrichtung des Wassers aus dem sanierten Bereich der Füllgruppe II gibt es kaum eine Messstelle, die sicher stellt, dass keine Kontaminationen ins Grundwasser des Trinkwasserschutzgebietes gelangen

 

 

Abstrom-Richtung ist nicht parallel zur Trasse!

Auf diesem Foto ist eindeutig erkennbar, dass das Wasser quer zur Trasse abläuft statt parallel zur Trasse wie in sämtlichen Plänen eingezeichnet (vgl. das Bild ganz oben).

In dieser Richtung findet eine Überwachung auf sprengstofftypische Verbindungen höchstens für einen Teil des Geländes in einer einzigen Messstelle statt. Die genaue Lage dieser Messstelle konnte dabei im Regierungspräsidium bisher nicht in Erfahrung gebracht werden.

Eine große Fläche des Gebietes, aus dem Wasser in Richtung des Wasserschutzgebietes fließt, nicht überwacht, obwohl hier Kontaminationen mit Sprengstoffen wahrscheinlich sind: südwestlich der sanierten Füllgruppe II  befanden sich in Kriegszeiten Trockenhäuser von Sprengstoffen, Altkanäle und eine Kläranlage des WASAG-Geländes (oben rot umkringelt). 

2) Unvollständige Beprobung der Messtellen

Das Regierungspräsidium Gießen schrieb im August 2021: "Alle vorhandenen Messstellen im Grundwasserabstrom des WASAG-Geländes werden seit April 2014 regelmäßig beprobt" Das ist nachweislich falsch, wie eine Überprüfung der Werte ergeben hat: manche Messstellen sind wiederholt nicht beprobbar, andere wurden gar nicht eingerichtet.  Hier wurde nur unvollständig saniert. Auch ist es nach Abschluss einer Sanierung notwendig, dass Wasser zu kontrollieren, da es möglich ist, dass Schadstoffe mobilisiert werden und sich in nicht sanierte Bereiche bewegen. 

2) Unvollständige Beprobung (ausführlich)

Laut Sanierungsplan wurde „zur Überwachung der Grundwasserverhältnisse im Bereich des WASAG-Geländes … im Frühjahr 2014 ein Grundwassermonitoring bestehend aus acht Grundwassermessstellen eingerichtet (WAS 4-8 und die Dreifachmessstelle WAS 12 A,B,C). Dieses dient der Überwachung des abströmenden Grundwassers aus dem Gebiet und soll prüfen, ob Sprengstoffverbindungen über den Sickerwasserpfad in das Grundwasser eingetragen werden. Es ist von einer Gefährdung des Grundwassers auszugehen.“[1] Da dieses Monitoring als nicht hinreichend erachtet wurde (vgl. auch die Karte auf der nächsten Seite), wurden 2017 drei weitere Messstellen in das Monitoring aufgenommen. [2] Für zwei wichtige dieser neuen Messstellen liegen keine Werte vor:

  • Die Messstelle A 33, für die laut Planfeststellungsbeschluss bereits vor der Sanierung Werte gemessen werden sollten, liegen in den Kurzberichten zum Grundwassermonitoring (anders als zu den übrigen Messstellen) bis Sommer 2021 keine Werte vor. Eine "Nullmessung" wurde durchgeführt, ohne dass sprengstofftypische Parameter gemessen wurden, obwohl dies im Sanierungsplan gefordert ist.
  • Auch für die Messstelle B 336 liegen keine Werte vor, obwohl sie im Sanierungsplan 2017 in das Grundwassermonitoring aufgenommen wurde. Diese Messstelle ist mittlerweile überbaut. Sie wurde - anders als im Bescheid zum Sanierungsplan gefordert nicht ersetzt. Dort heißt es unter Punkt 5.14: "Sollten Grundwassermessstellen nicht mehr beprobungsfähig sein, sind entsprechend äquivalente Grundwassermessstellen nach Absprache mit der Oberen Bodenschutzbehörde beim Regierungspräsidium Gießen Dezernat 41.4. neu zu errichten." 
  • Die Messstelle WAS 4 ist seit Jahren trocken gefallen. Auch für diese Messstelle wurde kein Ersatz eingerichtet.

[1] Sanierungsplan 2017, S. 17

[2] Vgl. ebda. Seite 109: „… da das aktuelle Messtellennetz (Stand Juli 2017) den Sanierungsbereich Füllgruppe II nur unzureichend erfasst, wird das Grundwassermessstellennetz erweitert.“  Umgesetzt wurde von dieser Erweiterung aber nur die Einrichtung der Messstelle WAS 14 neu. Es scheint allerdings, diese Messstelle wäre nicht dort eingerichtet worden, wo sie geplant war. Das Regierungspräsidium sah sich bisher nicht in der Lage, diese Messstelle zu lokalisieren.

Merkwürdigkeiten beim Monitoring 

Fraglich ist außerdem, warum keine weiteren Messstellen aufgenommen wurden:

  • Die Messstelle P 19 (vgl. die Karte, dort durchgestrichen am linken Bildrand auf mittlerer Höhe) ist laut Sanierungsunterlagen nicht mehr vorhanden, so dass sie nicht in das Grundwassermonitoring aufgenommen wurde. Bild 2 zeigt die (anscheinend doch vorhandene) Messstelle.
  • Die Messstelle M 1 A wurde nicht in das Grundwassermonitoring aufgenommen, da sie laut den Sanierungsunterlagen nicht zugänglich ist. Bild 3 zeigt die (anscheinend doch zugängliche) Messstelle.
  • Auch die Messstelle P 36 wurde nicht in das Grundwassermonitoring miteinbezogen, ebensowenig die Grundwassermessstellen GWM 025.17 und GWM DPH 5.01.17 (letztere wurde erst im Mai 2021 gebohrt)

Damit wird das Abstromgebiet einer großen Fläche südwestlich der Füllgruppe II nicht überwacht, obwohl sich dort in Kriegszeiten u. a. Trockenhäuser von Sprengstoffen, Altkanäle und eine Kläranlage befanden (auf der Karte rot umkringelt) sowie mindestens ein nicht näher bestimmtes Gebäude in der Nähe der Artilleriestraße[1]. Hier wurden im April lösungsmittelartige Gerüche wahrgenommen und diverse Kalksäcke aufgebracht[2] mit der Begründung, der Kalk diene der Stabilisierung. Das wäre nicht das erste Mal, dass der Öffentlichkeit die Wahrheit vorenthalten wird.[3]

 



[1] Foto des WASAG-Geländes von 1948. In: Preuss, Eitelberg et al. 1991, Erkundung und Rekonstruktion des Sprengstoffwerkes der Westfälisch Anhaltischen Sprengstoff AG, erstellt für das RP Gießen in Vertretung für Umweltministerium Land Hessen. Vgl.  https://www.danni-lebt.de/un-recht/wasserschutz/grundwassermonitoring/

[2] Foto: https://www.danni-lebt.de/un-recht/wasserschutz/grundwassermonitoring/

[3] Vgl. eine Dokumentation von RTL aus dem Jahr 1989 https://www.youtube.com/watch?v=32sPayrOs80&t=256s


Unten: die angeblich nicht vorhandene Messstelle P 19,

rechts: die angeblich nicht zugängliche Messstelle M1A