Sprengungen in der Wasserschutzzone

Für den Ausbau der A49 kommt es innerhalb der Wasserschutzzone zu massiven Sprengungen. Die Planfeststellungsbehörde hatte im Mai 2021 noch geantwortet, dass der Planfeststellungsbeschluss „kein generelles Verbot von Sprengungen ausspricht. Diese wären im Einzelfall möglich, soweit die geltenden gesetzlichen Vorgaben und die speziellen Anordnungen des Planfeststellungsbeschlusses eingehalten werden,“  und ihrer Ansicht nach wären Sprengungen auch nicht vonnöten. Nun aber sind Sprengungen über eine Länge von mehreren Kilometern geplant und teilweise schon durchgeführt. Das sind sicher keine Sprengungen „im Einzelfall“. Im Mai 2022 änderte die Planfeststellungsbehörde ihre Haltung, Sie schrieb nun, die Art und Weise, wie die Verantwortung für die Art und Weise der Arbeiten läge bei den Bauausführenden. Das ist nicht ganz zutreffend. Denn wegen der Konzentrationswirkung ist die Planfeststellungsbehörde verantwortlich für sämtliche Genehmigungen im Rahmen des Autobahnausbaus. Dabei ist sie „verpflichtet, die Vereinbarkeit des Vorhabens mit all jenen öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu prüfen, die ansonsten in den verdrängten behördlichen Genehmigungsverfahren geprüft worden wären.“

 

Darüberhinaus schreibt die Planfeststellungsbehörde, „Das Land Hessen kann als Planfeststellungsbehörde lediglich im Falle einer Anpassung des Planfeststellungsbeschlusses auf Antrag tätig werden.“ Auch das ist unzutreffend. Denn die Planfeststellungsbehörde kann das Fernstraßenbundesamt ersuchen, gegen eine Missachtung von Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses tätig zu werden. Trotz vielfältiger Missachtungen des Planfeststellungsbeschlusses hat die Planfeststellungsbehörde bisher darauf verzichtet.

 

In diesem Fall wäre die Vereinbarkeit allerdings dringend zu überprüfen. Denn ein Teil des betroffenen Gebietes liegt mündlichen Auskünften zufolge auf einer geologischen Platte, bei der Gefahr besteht, dass sie sich durch Sprengungen verschiebt und Häuser im Umkreis von einem Kilometer in Mitleidenschaft ziehen kann. Das entsprechende Gutachten, konnte bisher nicht eingesehen werden. Und die Planfeststellungsbehörde blieb bisher ein Gutachten schuldig, dass Schadlosigkeit der Sprengungen attestiert. Auch die Stadt Homberg hat den am 6. Februar 2023 gefassten Beschluss, wonach der Stadtverordnetenversammlung (und damit der Öffentlichkeit) umgehend ein hydrogeologisches Gutachten vorzustellen ist, bisher nicht umgesetzt. 

 

Keine Einhaltung der Auflagen

 

Für die Durchführung der Sprengungen gelten verschiedene Auflagen, wie z. B. eine Absperrung des Gebietes und die Verwendung von Sprengmatten. Diese werden nach Berichten von Anwohner:innen allerdings nicht eingehalten. Der Gießener Anzeiger berichtete bereits Mitte Oktober 2022. Dennoch änderte sich an den Sicherheits-vorkehrungen nichts.

 

Voraussetzung für die Sprengungen ist außerdem, dass die  Anwohner über die Baumaßnahmen und die Erschütterungseinwirkungen auf ihre Gebäude zu informieren und ihnen eine Ansprechstelle zu nennen. Das wurde nicht umgesetzt. Damit hatten die Anwohner:innen keine Möglichkeit, rechtzeitig den Zustand ihres Eigentums zu dokumentieren, um im Falle von Schäden eine Entschädigung erwirken zu können.  Die gesetzliche Unfallversicherung fordert außerdem eine Sicherung des Sprengbereichs und ein akustisches Warnsignal (S. 50ff) aber auch das hat es nach Augenzeugenberichten nicht immer gegeben.

 

Dass Sprengungen durchgeführt werden sollen, war der Stadt Homberg durch die Entgegennahme der Sprenganzeige seit Anfang 2022 bekannt. Bürger:innen erfuhren es erst durch Zufall im Mai. Umgehend wurde die ehemalige Bürgermeisterin aufgefordert, die Anwohner:innen zu informieren. Sie reagierte nicht. Ebenso wenig reagierte die derzeitige Bürgermeisterin auf Fragen zu den Sprengungen und den Hinweis auf die nicht umgesetzten Vorgaben - trotz wiederholter Nachfrage. Dabei behaupten verschiedene übergeordnete Behörden die Stadt Homberg sei verantwortlich: die Planfeststellungsbehörde, das Regierungspräsidium und der Vogelsbergkreis – sie alle sehen sich in keiner Weise für die Sprengungen verantwortlich.

 

Wasserschutzzone ohne Bedeutung

Die Sprengungen finden in einer Wasserschutzzone statt. Obwohl das Sprengmaterial wassergefährdend ist und die Einbringung von wassergefährdendem Material in der Wasserschutzzone III verboten ist, war laut Auskunft aus dem Regierungspräsidium keine Genehmigung für die Arbeiten notwendig. Auch das Umweltministerium sieht kein Problem, da die örtliche Wasserschutzgebietsverordnung Sprengungen nur innerhalb der Wasserschutzzone I und II verbietet.

 

Es argumentiert, die Sprengstoffe seien ja nur schwach wassergefährdend und würden nicht in der für die Trinkwassergewinnung relevanten Tiefe eingesetzt. Diese Argumentation hakt gleich an zwei Stellen: Ist schwach wassergefährdend nicht wassergefährdend? Und: wer bringt schon wassergefährdendes Material in der für die Wassergewinnung relevanten Tiefe ein? Alle Verbote in der Wasserschutzverordnung betreffen Maßnahmen an der Oberfläche und damit außerhalb der trinkwasserführenden Schicht.