Pressemitteilung vom 19. November 2024
Nach Auskunft der Bauherrin DEGES soll die A 49 (VKE 40) noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden. Das ist allerdings derzeit gesetzeswidrig, u. a. weil eine wasserrechtliche Genehmigung fehlt und weil die europäische Wasserrahmenrichtlinie missachtet wird: Grenzwerte für die Einleitung von Giftstoffen wie Benzo(a)pyren in die Ohm und die Klein werden unzulässig deutlich überschritten.
1) Fehlende Einleitgenehmigung
Für eine neu geplante Entwässerungsmulde in Homberg hält die DEGES eine zusätzliche Einleitgenehmigung für erforderlich. Sie schreibt: „Die ursprüngliche Einleitstelle in der Gemarkung Homberg Flur 9, Flurstück 121 wird weiterhin für Teile der Entwässerung benötigt, jedoch wird eine zusätzliche Einleitstelle im o. g. Flurstück 120 benötigt.“[i] Auch das Regierungspräsidium Gießen hält laut den Antragsunterlagen eine solche für notwendig. Eine zweite Einleitgenehmigung liegt hier aber nicht vor.[ii]
2) Planänderungen bei den Regenrückhaltebecken
Bereits 2019 wurde eine Studie erstellt, aus der hervorgeht, dass schon damals klar war, dass die Entwässerung den Belangen des Grundwasserschutzes nicht gerecht wird. [iii] Trotzdem kam eine erste Stellungnahme, die als [iv] Ob eine solche Planänderung inzwischen beantragt ist, ist fragwürdig: Das Regierungspräsidium hatte in der letzten Woche noch nicht alle Umplanungen genehmigt, auch wenn sie teilweise bereits durchgeführt wurden (Abb. 2).
Eine Genehmigung der Planänderungen ist aber allein deshalb schon unzulässig, weil den Berechnungen weiterhin die alten Starkregendaten von KOSTRA-DWD 2010R zugrunde liegen. Dies widerspricht der Vorgabe des Bundesverkehrsministeriums, nach der die Becken stets nach den aktuellsten Daten zu bemessen sind. V. a. die Becken in der besonders sensiblen Wasserschutzzone II sind daher deutlich zu klein dimensioniert.
3) Mängel hinsichtlich der europäischen Wasserrahmenrichtlinie
Das Wasser wird auch nach dem „Umbau“ nicht hinreichend gereinigt. Dem am 30. Juli 2024 vorgelegten Gutachten zur angeordneten Neuberechnung [v] liegen die Reinigungswerte von Versickerbecken zugrunde. Solche beinhalten den Vorgaben zufolge eine mindestens ein Meter mächtige Versickerungsschicht, die Schadstoffe aus dem Wasser filtert. [vi] Das Wasser an der A 49 wird aber ohne eine solche Schicht aus vier der Regenrückhaltebecken über eine Fernableitung in die Klein geleitet. Eine „Versickerung“ findet stattdessen nur über einen schmalen 30 cm mächtigen Streifen statt (Abb. 2, Mitte). Jeder Laie erkennt, dass dies nicht die notwendige umfassende Verbesserung der Reinigungsleistung bewirken kann. Es sieht so aus, als ob die im Gutachten angegebenen „drainierten Versickerbecken“ eine Erfindung der DEGES sind, die die Becken nicht zu den heute standardmäßig verwendeten Retentionsbodenfilteranlagen umbauen will. Damit führt der Betrieb zu einer relevanten Verschlechterung der Klein und der Ohm und ist wegen der Nichteinhaltung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie nach momentanem Stand gesetzeswidrig.
Es ist zu hoffen, dass die Planfeststellungsbehörde darauf besteht, die Autobahn erst dann in Betrieb genommen wird, wenn sämtliche gesetzlichen Vorgaben zum Wasserschutz eingehalten werden.
[i] 8. Planänderungsantrag der DEGES vom 23. Januar 2024. Dort heißt es weiter: „Diese ergibt sich aus der vorliegenden Topografie und dem Zwangspunkt der maximalen Einstauhöhe der Geländemulde.“
[ii] Im Absehensentscheid zu dieser Planänderung wurde der konkrete Punkt der Einleitstelle verlegt, die Menge aber nicht erhöht.
[iii] Studie zur Genehmigungsfähigkeit einer Retentionsbodenfilteranlage für die A49 am Standort des geplanten Becken S (2019)
[iv] Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass es dem Senat plausibel erscheint, dass eine Realisierung der Inbetriebnahme der A49 (VKE 40) „jedenfalls im Wege einer Planänderung unter Anpassung der Entwässerungsplanung an neuere Erkenntnisse und technische Entwicklungen grundsätzlich möglich ist.“ Rn 54
[v] Gewässeruntersuchung 2022/2023 an der Klein und der Ohm mit Neuberechnung zur Beurteilung der Einleitung an der A49 (VKE 40) in Hinblick auf die Ziele der WRRL
[vi] Richtlinie DWA-A 138 (2005), S. 15.