Woche 1: Mangelhafte Planungen

7.2.24 Tieferlegung in Maulbach nicht ohne Sprengungen möglich

Laut Planfeststellungsbeschluss soll die Trasse in Maulbach (Foto) um bis zu sieben Meter tiefer gelegt werden. Offenkundig hat vorher niemand den Boden untersucht. Sonst wäre festgestellt worden, dass die Abtragung des Bodens nicht ohne Sprengungen möglich ist. Da diese also nicht in den Planfeststellungsbeschluss aufgenommen wurden, waren zwar laut Planfeststellungsbehörde "vereinzelte" Sprengungen erlaubt, nicht aber die hier notwendigen großflächigen Sprengungen auf einer Länge von zwei Kilometern. Denn selbstverständlich müsste vorher untersucht werden, wie der Boden beschaffen ist und ob es nicht zu der Verschiebung von Gesteinsplatten und damit zu Schäden an der Wohnbebauung kommen kann. Auch die Auswirkungen des Sprengmaterials auf das Grundwasser wäre in der Wasserschutzzone zu untersuchen.

6.2.24 Zuwegung zur Fernableitung unter  der Straße 

     Im Planfeststellungsbeschluss war geplant, die Ableitung vom Regenrückhaltebecken UJ am ehemaligen Jesus-Point in Niederklein in den Fahrbahnbereich der L3290 (Foto) zu legen. Erst später fiel auf, dass damit bei Wartungsarbeiten oder im Havariefall eine komplette Sperrung der Straße erforderlich wäre. Bereits 2017 wurde daher geplant, die Ableitung unter den parallel verlaufenden Radweg zu verlegen. Beantragt wurde diese Planänderung allerdings erst am 28. April 2023. Die Arbeiten wurden umgesetzt, obwohl die Planänderung noch nicht genehmigt ist.

5.2.24 Zufahrtsweg am Schmitthof nicht vorhanden

Blick auf das Becken jenseits der Gleen

Die Planungen der Autobahn waren auch insoweit mangelhaft, als es einen in den Unterlagen eingetragenen Zufahrtsweg zum Regenrückhaltebecken am Schmitthof gar nicht gibt. Erst im November 2022 wurde daher ein Planänderungsantrag gestellt. Die für die Planänderung notwendige Rodung von Bäumen war da bereits illegal durchgeführt worden.

Blick auf die Beckenfläche


4.2.24 Mangelhafte Vorgaben beim Bodenschutz 

Zum Bodenschutz im WASAG-Gelände enthält der Planfeststellungsbeschluss 19 Nebenbestimmung. Eine zur Verwendung des Holzmaterials gibt es darunter nicht, obwohl Wurzelstubben Sprengstoffe aus dem Boden ziehen und speichern. Dabei offenbarte eine Stellungnahme für die Betriebsgeländeerweiterung von Ferrero Anfang 2023, das dort sämtliches Holzmaterial thermisch verwertet werden muss, um eine Verschleppung von Kontaminationen mit Sprengstoffen zu verhindern.

Eine solche Vorgabe wäre spätestens dann vonnöten gewesen, als in Wurzelstubben aus dem unverdächtigen "Weißbereich" der Sanierungsfläche Kontaminierungen enthielten, die deutlich machten, dass sich die Schadstoffe nicht ausschließlich in den Bäumen im Bereich der "schwarzen" Sanierungsbereiche befinden.

3.2.24 Falsche Basis für die Sanierung 

Es gab keine Notwendigkeit, die Autobahntrasse durch das WASAG-Gelände zu führen. Im Gegenteil gab es Trassenvarianten, die laut der Umweltverträglichkeitsprüfung unter Umweltaspekten günstiger gewesen wäre. Aus dem Regierungspräsidium hieß es zwischenzeitlich, eine Genehmigung des Baus durch das Altlastengelände sei kein Problem gewesen, da es nur einen Außenbereich des Geländes“ berühre; obwohl die vom Ausbau der Autobahn betroffene Füllgruppe II mitten im militärisch genutzten Teil des WASAG-Geländes liegt. Bei der Gefährdungsabschätzung nutzte  man dann das  Konzept aus dem benachbarten DAG-Gelände und ignorierte, dass dort - anders als im WASAG-Gelände - gar kein Hexyl hergestellt worden war. Dementsprechend war auch der für die Herstellung von Hexyl benötigte Stoff Dinitrodiphenylamin nicht Bestandteil der Beprobungen und der Sanierung - selbst nicht in den Lagern für Dinitrodiphenylamin (!). Hier wurde eine entsprechende Beprobung erst durchgeführt, als schon hunderte Kubikmeter Erde abtransportiert worden waren. Der Bitte des Zweckverbandes Mittelhessische Wasserwerke, Dinitrodiphenylamin und zwei weitere nicht berücksichtigte Parameter in die Beprobung des Grundwassers mit aufzunehmen, wurde bisher nicht entsprochen. Dabei wies eine von Anwohner:innen beauftragte Analyse im Rahmen des Hexylfundes nach, dass Dinitrodiphenylamin bzw. seine Bestandteile vor Ort vorhanden waren und vermutlich noch sind. 

     2.2.24 Fehlende Berücksichtigung der Richtlinien zur Entwässerung

     Da die Trasse komplett durch Wasserschutzgebiete verläuft, sind nach den Richtlinien zur Entwässerung von Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag) Schutzmaßnahmen notwendig. Im Planfeststellungsbeschluss sind diese für die Anschlussstelle in Stadtallendorf, die dem Ferrero-Werk einen nahen Autobahnanschluss bescheren soll, nicht vorhanden. Erst nach einem Antrag eines Umweltverbandes wurde geplant, sie - teilweise -  nachträglich einzubauen. Westlich der Joßklein in Niederklein (Foto vom 1.9.23) werden Richtlinien auch weiterhin nicht eingehalten. Dort soll das Wasser wie bisher versickern, obwohl die Vorschriften eine Ableitung verlangen.

1.2.24 Biotopwertdefizit von 54.178 Punkten

Laut dem Regierungspräsidium Gießen ist mit dem Bau der Autobahn ein Biotopwert-defizit von 54.178 Punkten (!!!) verbunden. Das widerspricht dem Fazit der Umwelt-prüfung in der "allgemeinverständlichen Zusammenfassung" vom 26. Oktober 2010: "Die nach Vermeidung verbleibenden erheblichen Eingriffe in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild sind mit den geplanten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ... insgesamt gleichwertig im Sinne des §14 Abs. 2 HENatG kompensierbar." Dieses Defizit zeigt auch, dass die Trasse mit ihren gravierenden Eingriffen in die  Schutzgüter Mensch, Tiere, Pflanzen, Wasser, Boden, heute nicht mehr genehmigungsfähig wäre. 

Die Planungen für die A49 wurden schon vielfach kritisiert: 

Z. B. dass die Autobahn genehmigt wurde, obwohl in der Umweltverträglichkeitsprüfung davon abgeraten war. Eine solche ist zwingend vorgeschrieben gewesen, weil die Autobahn durch wichtige schützenswerte Waldgebiete verläuft und das Fazit hätte nicht ignoriert werden dürfen.

Oder dass die angeblichen "zwingenden Gründe des öffentlichen Interesses" allesamt unzutreffend waren. Solche mussten vorliegen, damit der Bau der Autobahn gegenüber dem Schutz der Natur in dem betroffenen europäischen Naturschutzgebiet "Herrenwald" priorisiert und genehmigt werden konnte.

Oder dass die Fernableitung entgegen den Richtlinien und der dringenden Bitte des Zweckverbandes Mittelhessische Wasserwerke in der Wasserschutzzone II endet (Foto). Diese Fernableitung müsste eigentlich dazu dienen, dass in der Wasserschutzzone II anfallende Niederschlagswasser der Autobahn aus der Wasserschutzzone II hinauszuleiten. Und dennoch wurde immer wieder behauptet, es werde kein auf der A 49 anfallendes Regenwasser innerhalb der Wasserschutzzone II in die Gewässer eingeleitet. Und auf Basis von einer weit entfernt liegenden Messstelle wurde fälschlicherweise argumentiert, diese Einleitung sei unschädlich und führe nur in Hochwassersituationen zu einer Verschmutzung des Grundwassers. 

 

Und immer noch tauchen Stückchen für Stückchen falsche Argumente für den Bau der Autobahn und weitere Planungsfehler auf. Diese werden in der ersten Woche des Baustopp-Kalenders dargelegt