Rechts: das am 18.2.23, am Tag der Rodungsgeneh-migung bereits von Ferrero gerodete Waldstück


25.3.23

Betriebsgeländeerweiterung von Ferrero -  viele offene Fragen bleiben auch nach der Online-Konsultation

 

Die Zweifel der Einwender:innen daran, dass der Grundwasserschutz bei der geplanten Betriebsgeländeerweiterung von Ferrero sichergestellt ist, konnten in der Online-Konsultation nicht ausgeräumt werden. Auf etliche Fragen wurde bis zum Ende am gestrigen Abend nicht,  ausweichend oder irreführend geantwortet.

 

A) Öffentliches Interesse?

Für die Baumaßnahme in der Wasserschutzzone II sind Ausnahmen von der Wasserschutzverordnung notwendig. Diese bedürfen eines öffentlichen Interesses. Auch wenn die Baumaßnahme lediglich einer Effizienz-Steigerung der Mon-Cheri Produktion dient, bescheinigt das Regierungspräsidium Ferrero ein solches öffentliches Interesse.  Dabei gibt das Regierungspräsidium selber zu, dass es keine Definition für „öffentliches Interesse“ gibt. Und es ist nicht ersichtlich, warum die Produktionsanlage nicht am jetzigen Standort in der Sommerpause der Mon Cheri Produktion erneuert werden kann.

 

B) Keine Grundwassergefährdung?

Das Regierungspräsidium schreibt: "Eine Befreiung von der WSG-Verordnung kann erteilt werden, wenn eine Gefährdung des Schutzzwecks der WSG-Verordnung ausgeschlossen werden kann."  Aufgrund der unzureichenden Datenlage kann allerdings NICHT ausgeschlossen werden, dass die Qualität und die Quantität des Grundwassers beeinträchtigt werden.

 

1) Keine Untersuchungen zur Abschaltung des Brunnens ASB 8

  Eine Maßnahme zur Sicherung der Wasserqualität sei der Betrieb des Brunnens ASB 8. Es ist allerdings genau dieser Brunnen, der für bis zu zwölf Wochen abgeschaltet werden soll.  

         i.            Im hydrogeologischen Bericht, den Ferrero in den Antragsunterlagen vorgelegt hat, heißt es auf Seite 24, im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung werde ein Umbau- und Betriebskonzept ausgearbeitet . In der Umweltverträglichkeitsprüfung findet sich kein solches. Dort heißt es vielmehr, der Umbau des Brunnens sei nicht Gegenstand des vorliegenden Antrags.

       ii.            Das Regierungspräsidium hatte auf die erste Einwendung zur Abschaltung des Förderbrunnens geantwortet, "soweit technisch realisierbar" würde während der Abschaltung ein provisorischer Betrieb gewährleistet. Auf die Nachfrage, ob die Vorsorgemaßnahme "Betrieb eines Abschöpfbrunnens" sich auf den Brunnen bezöge, der abgeschaltet werden müsse, antwortete das Regierungspräsidium, es gäbe keine Veranlassung, an der Umsetzbarkeit eines provisorischen Betriebs zu zweifeln. Auf die Frage, ob es demnach bisher noch keinen provisorischen Betrieb eines Förderbrunnens gegeben habe und wenn doch, über einen welchen Zeitraum bereits wieviel Wasser in Form einer Ableitung über eine Schlauchleitung „gefördert“ worden wäre, hieß es: "Der Einwender vermischt hier verschiedene Aspekte: die Beschränkung auf das „technisch Realisierbare“ bezog sich im Rahmen der Zulassung vorzeitigen Beginns für die Rodung auf die Entfernung von Ästen und Spänen. In Bezug auf den ASB 8 sind keine Regelungen der von dem Einwender unterstellten Art enthalten." Das ist unzutreffend, wie den Einwendungsunterlagen zu entnehmen ist.

      iii.            Es hat nicht den Anschein, als ob ein solcher provisorischer Betrieb überhaupt vorgesehen ist, denn weiterhin hält das Regierungspräsidium eine acht- bis zwölfwöchige Abschaltung für unproblematisch. Eine solche habe es schon gegeben, ohne dass nachteilige Auswirkungen hätten festgestellt werden können. Allerdings können solche Auswirkungen ja nur festgestellt werden, wenn sie untersucht werden. Diesbezüglich wurde auf die Antragsunterlagen verwiesen. Diese enthalten allerdings keinerlei Hinweis auf eine in den vergangenen Jahren bereits durchgeführte problemlose Abschaltung.

     iv.            Das Regierungspräsidium begründet die problemlose Abschaltung mit einem entsprechenden Bericht in den Antragsunterlagen. Dieser Bericht gründet allerdings auf eine einzige Traceruntersuchung in einem anderen Bereich des DAG-Geländes. Auf den Hinweis, dass der Nachweis der Fließgeschwindigkeiten weder auf das Ferrero-Gelände übertragbar ist noch aufgrund der Verbindung der Grundwasserstockwerke eine ausschließliche Betrachtung der Fließgeschwindigkeiten in diesem einen Stockwerk geeignet ist, eine Gefährdung des Grundwassers bei einer Abschaltung von 100 Tagen auszuschließen, wurde geantwortet: "Gegenstand weder des Erörterungstermins noch der Online-Konsultation ist die abschließende Klärung fachlicher und rechtlicher Fragen. Die Genehmigungsbehörde soll durch die Stellungnahmen Anhaltspunkte für noch im Verfahren zu prüfende Aspekte erhalten. Dieses Ziel ist mit der vorliegenden Stellungnahme erfüllt. Die Antragstellerin geht davon aus, dass die Genehmigungsbehörde zu dem von dem Einwender vorgetragenen Punkt noch einmal in fachlichen Austausch treten wird, sollte sie dies für erforderlich halten."  Katharina Lipinski von der Parents for Future fragt in diesem Zusammenhang: „Woher weiß das Regierungspräsidium, wovon die Antragstellerin Ferrero ausgeht? Und: warum schreibt das Regierungspräsidium nicht, ob es den Punkt weiter nachverfolgen wird oder nicht?“

       v.            Wie genau Ferrero den Grundwasserschutz während der Abschaltung des Förderbrunnens ASB 8 sicherstellt, wo doch dieser Brunnen vor dem Eintrag von Sprengstoffen ins Wasser schützen soll, dazu antwortet das Regierungspräsidium: "Nicht Ferrero, sondern die HIM-ASG stellt das sicher … im Nachgang." Dabei kann eine Sicherstellung im Nachgang deutlich zu spät sein. Denn bis dahin können die Sprengstoffe bereits im Einzugsbereich der der Förderbrunnen angekommen sein.  

 

2) Grundwassermonitoring ohne ersichtliche Konsequenzen und ohne einen nahegelegenen Brunnen

a) Die zweite Maßnahme zum Schutz des Grundwassers ist nach Auskunft des Regierungspräsidiums das Grundwassermonitoring. Allerdings führte ein signifikanter Anstieg von sprengstofftypischen Parametern im Rahmen des Ausbaus der A49 bisher zu keinen Konsequenzen außer einer Fortführung des Monitorings. Die darauf gründende Frage, aus dem Anstieg welcher Schadstoffe welche Konsequenzen folgen würden, blieb unbeantwortet.

b) Aus der Antwort aus dem Regierungspräsidium wird auch nicht deutlich, warum der Brunnen P 4 zerstört werden darf, in dem eine dutzendfache Überschreitung von Geringfügigkeitsschwellenwerten nachgewiesen wurde und in dem die Werte nach wie vor deutlich schwanken. Es schreibt, andere Messstellen würden ausreichen. Katharina Lipinski von den Parents for Future fragt: „Warum wurde die Messstelle eingerichtet, wenn doch eine Überwachung durch andere Messstellen ausreichend ist. Sollte über viele Jahre überflüssigerweise Geld für eine Beprobung einer überflüssigen Messstellen ausgegeben worden sein?“

c) Ferrero war aufgetragen, vor den Rodungsmaßnahmen zweimal im Abstand von zwei Wochen Grundwasser zu beproben. Obwohl die Fällungen bereits vor über einem Monat - am 18.2.23 - durchgeführt wurden, liegen dem Regierungspräsidium die Protokolle bis jetzt nicht vor. Allerdings schreibt das Regierungspräsidium, sie seien ihm vorgelegt worden. Katharina Lipinski frage: „Wieso werden Protokolle vorgelegt, aber nicht gleichzeitig zur Verfügung gestellt wird? Sollte das vielleicht dazu dienen, damit meine Anfrage nach dem hessischen Umweltinformationsgesetz selbst nach Fristablauf nicht beantwortet wird?“

 

3) Keine Untersuchungen zur Einhaltung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie

Nach der europäischen Wasserrahmenrichtlinie darf sich weder die Qualität noch die Quantität des Wassers durch Baumaßnahmen verschlechtern.

a)      Die HLNUG schreibt, dass durch die Baumaßnahme eine Mobilisierung von Sprengstoffen möglich ist. Das Regierungspräsidium antwortet in einer ersten Erwiderung, sprengstofftypische Parameter seien für die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie nicht relevant. Das ist unzutreffend. Denn die Wasserrahmenrichtlinie macht deutlich, dass auch andere als die aufgelisteten Parameter relevant sein können.

b)      In einer zweiten Stellungnahme behauptet das Regierungspräsidium, eine negative Beeinträchtigung des Grundwassers sei ausgeschlossen. Das widerspricht den Antragsunterlagen. Dort steht nicht, dass eine Beeinträchtigung ausgeschlossen ist, lediglich, dass sie durch Maßnahmen wie den Betrieb des Brunnens ASB 8 und das Grundwassermonitoring (s. o.) reduziert werden können.  Nicht reduziert werden kann allerdings die quantitative Beeinträchtigung des Grundwasservorkommens durch die vorgesehene Versiegelung, wie die HLNUG in den Antragsunterlagen darlegt.

 

Die HLNUG kommt aufgrund des Gefährdungspotenzials zu dem Ergebnis, die Notwendigkeit der Baumaßnahme müsse durch die Genehmigungsbehörde beurteilt und anerkannt werden. Eine solche Beurteilung der Notwendigkeit ist in den Antragsunterlagen nicht zu finden. Und die Auflistung der Probleme zeigt, dass eine Gefährdung des Wassers aufgrund der unzureichenden Datenlage NICHT ausgeschlossen werden kann und die Erlaubnis für die Baumaßnahme daher zu verweigern ist. Möge das Regierungspräsidium den Wasserschutz höher bewerten als die Wirtschaftsinteressen von Ferrero.