Chronik


Mängel ohne Ende

 

Erde aus dem WASAG-Gelände muss VOR der Verlagerung beprobt werden. Die Trasse durchquert das WASAG-Gelände auf einer Länge von über 2 Kilometern.  Von Baukilometer 57:950 (etwas nördlich des Brückenbauwerks 2, Bundeswehrstraße) bis zum südlichen Ende nahe Bauwerk 4 (Brückenbauwerk Main-Weser-Bahn) ca. Baukilometer 59:500) wird die Trasse um bis zu 12 Meter tiefer gelegt. Das macht umfangreiche Abgrabungen nötig.

 

"Freimessung" zwischen Bauwerk 2 und 3

 

Im September 2021 wurde eine erste Beprobung durchgeführt - diese umfasste allerdings nicht den gesamten Trassenbereich, der abgegraben wird, sondern ca. die Hälfte. Nur zwischen Bauwerk 2 und 3 wurde beprobt - mit wichtigen Aussparungen am Bauwerk 3: die letzten 45 Meter wurden nicht beprobt, obwohl hier die gesprengten Gebäude 3084 und 3085 gelegen waren. Zwischen Baukilometer 58:150 und 58:850 wurden 18 Felder a 35 x 55 Meter eingerichtet. In den ersten drei Tiefenmetern wurde je eine Mischprobe analysiert.

 

... und Verlagerung trotz Überschreitung der Grenzwerte

 

Das Ziel der Beprobung war laut dem Gutachten eine Verlagerung der Erde nach außerhalb des WASAG-Geländes. Die Beprobung ergab, dass eine solche Verlagerung wegen Überschreitung des Grenzwertes von 0.02 mg/kg Sprengstoff in sieben von achtzehn Feldern nicht zulässig war. In zwei der Felder war wegen der Überschreitung des Grenzwertes für PAK in Höhe von 3 mg/kg noch nicht einmal ein Wiedereinbau innerhalb des WASAG-Gelände möglich.

 

In Feld 12 wurden 9 mg/kg PAK gemessen - die Erde wurde dennoch außerhalb des WASAG-Geländes eingebaut (in einen Regenwasserkanal zwischen Baukilometer 60:500 bis 60:800), ausgerechnet in einen Bereich mit einer geringen Schutzwirkung der Grundwasserüberdeckung)!

 

Auch im Feld 7 wurden die erlaubten 3 mg/kg PAK überschritten. Dennoch wurde die Erde im WASAG-Gelände weiter nördlich wieder eingebracht. Die Verlagerungen sind in den Fuhrscheinlisten rot markiert, wurden aber dennoch durchgeführt.

 

"Freimessung" nördlich von Baukilometer 58:150?

 

Von einer Freimessung der abgegrabenen Erde nördlich von Baukilometer 58:150 ist bisher nichts bekannt. Hier lagen die Lager für Dinitrodiphenylamin, die bei der Sanierung gar nicht auf Dinitrodiphenylamin beprobt worden waren. Nach verschiedenen Nachfragen ordnete das Regierungspräsidium am 15.8.22 eine Nachbeprobung an. Bis zur Freigabe des Untersuchungskonzeptes dauerte es fast fünf Monate. Das Untersuchungsergebnis lag bis Ende März nicht vor - eine Einsichtnahme war bis Mai immer noch nicht möglich. Die Trasse war zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung allerdings schon tiefer gelegt, so dass der in der Regel am stärksten kontaminierten oberste Meter schon gar nicht mehr vor Ort war.

 

 

 

"Freimessung" zwischen Bauwerk 3 und 4 erst nach Abgrabungen von vielen Tonnen

 

Der nicht sanierte Bereich zwischen Bauwerk 3 und 4 wurde erst im März 2022 "freigemessen". Da waren hier schon etliche Tonnen an Erde abtransportiert. Und der Nachweis von TNT in der Joßklein und am Elzerain nach den ersten Verlagerungen im Juli 2021 zeigen, dass bis dahin schon etliche Gifte nach der Verlagerung ausgewaschen worden waren. 

 

Das Regierungspräsidium erkannte die Beweiskraft dieser Nachweise nicht an, weil ihnen kein Probenahmeprotokoll vorlag. Dass die Probenahme der schon in weiten Teilen tiefer gelegten Trasse zwischen Bauwerk 3 und 4 - anders als überall sonst - durch die Bau-ARGE erfolgte, und hier auch keine unterschriebenen Probenahmeprotokolle vorlagen, war hingegen kein Problem, ebensowenig, dass das Analyseinstitut eine Bestimmungsgrenze von 0,05 mg/kg Sprengstoff hatte, obwohl eine Verlagerung nur bei weniger als 0.02 mg/kg Sprengstoff erlaubt ist. Das bedeutet, dass nicht sicher ist, dass die "freigemessene" Erde auch wirklich die Grenzwerte einhält.

Ebensowenig hatte es Auswirkungen, dass bei der Probenahme organoleptisch auffällige schwarze Flächen zu sehen  waren und auffällige modrig-metallische Gerüche wahrgenommen wurden. 

 

Mangelhafte Nachbeprobung der unbeprobt verlagerten Erde

 

Da bei der "Freimessung" zwischen Bauwerk 3 und 4 schon etliche Tonnen Erde unbeprobt verlagert worden waren, wurde hier eine nachträgliche Freimessung angeordnet. Diese ist aus verschiedenen Gründen mangelhaft:

 

a) Der Bereich zwischen Bauwerk 4 und 5 wurde nicht überprüft. Dabei wurde hier bereits am Juli 2021 massenhaft Erde eingebracht. 

b) Die Dammaufschüttung zwischen Bauwerk 5 und 6 an der Joßkleinbrücke wurde erst etliche Monate nach der Verlagerung beprobt. Das bedeutet, dass die Sprengstoffe, die durch die Verlagerung in Bewegung geraten waren, an der Oberfläche der Dammaufschüttung durch die Niederschläge schon lange ausgewaschen waren. Die Baggerschürfen zur Nachbeprobung untersuchten aber nur die Oberfläche der Dammaufschüttung. Die tiefer gelegenen Bereiche, die die mutmaßlich am stärksten kontaminierte Erde aus den obersten Metern aus dem WASAG-Gelände enthalten, blieb unbeprobt.