Ella ist frei!

 

Nachdem Ella ihre Identität freigegeben hat, wurde sie am 10. Mai aus der Haft entlassen. Sie hatte mehr als zwei Drittel der Strafe abgesessen ...

Berufungsprozess in Gießen

 

Am 1. April 22 endete der Berufungsprozess von Ella mit einem unfassbaren Urteil. Wegen angeblicher "tätlichen Angriffe in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung " (zitiert nach einem Artikel in der Hessenschau) wurde sie in zweiter Instanz zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt. Wie sich nicht erst im Verlauf des Prozess, sondern bereits durch den Film "Ella" gezeigt hatte, entbehrt dieses Urteil jeder rationalen Grundlage - ein trauriger Tag für (die Rechtsprechung in) Deutschland! 

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Erklärung zum 1.4.22
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Rede am 29.4.22
22-04-29 Rede Ella.pdf
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Die Verurteilung von Ella beruht nicht auf Beweisen, sondern allein auf der Zeugenaussage eines anonymen, vermummten SEK-Beamten, der behauptet hat, Ella habe sein Gesicht just in den wenigen Sekunden mit ihrem Knie  attackiert, als die Filmaufnahmen pausierten. Auch die Tritte, für die sie verurteilt wurde, waren auf den Beweisvideos nicht zu sehen. Im Gegenteil gab es dort diverse Szenen, in denen Ella eine Möglichkeit, sich zu wehren, ungenutzt verstreichen ließ.

Der Glaubwürdigkeit der Zeugen ist es dabei nicht zuträglich, dass sie von Schmerzen berichteten, die erst Tage nach Ellas  Festnahme auftraten und dass die Datierung des ärztlichen Attestes den Aussagen widersprach. 

Wenn die Staatsanwältin Mareen Fischer daher in ihrem Plädoyer am Ende der Berufungsverhandlung äußerte: "Der Rechtsstaat wurde mit Füßen getreten" (zitiert nach einem Kommentar in der Oberhessischen Zeitung), dann ist dem zuzustimmen. Denn z. B. wurde die Frage nach der Legitimität der Räumung bei der Verhandlung überhaupt nicht thematisiert. Dabei entbehrt zum einen die Allgemeinverfügung, nach der es verboten war, den Wald zu betreten, einer legitimen Grundlage (und wurde für einen ähnlichen Fall vom Frankfurter Verwaltungsgericht gekippt) und zum anderen handeltet es sich bei Ellas Aufenthalt in den Bäumen in Anbetracht mehrerer anderer Menschen in ihrer Nähe um eine Versammlung, die nach dem Versammlungsrecht geschützt ist. Auch dieser Rechtsbruch seitens der Polizeit wurde in der Verhandlung nicht thematisiert. Damit zeigt sich leider, dass dieses Urteil ein politisches ist und dass keinerlei Skrupel bestehen, unschuldige Menschen auf Basis von Falschaussagen für viele Monate einzusperren, um Klimaprotest zu kriminalisieren - ein trauriger Tag für Deutschland!

 

Hier geht es zu einem Kommentar der "Roten Hilfe".

Hier gibt es Hintergrundinformationen der taz

Hier geht es zu einem Bericht des ersten Prozesstages in der Gießener Allgemeinen.

Hier geht es zu einem Bericht über einen UN-Experten, der bei Polizeigewalt Systemversagen sieht.

 

Bei ihrer Befragung haben die SEK-Beamten am 15.2. Falschaussagen eingeräumt!

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Eröffnungserklärung
Hier ist die sehr berührende Erklärung von Ella zu lesen anlässlich der Eröffnung des Berufungsprozesses.
Eröffnungserklärung Ella 17.1.2022 - ger
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Die erste Verurteilung

 

Am 23. Juni wurde die unbekannte Aktivistin Ella zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Dieses Strafmaß steht in keinem Verhältnis zu den Vorwürfen und zeigt, dass es politischer Wille ist, Klimaschützer:innen mit drakonischen Strafen einzuschüchtern.

 

Erst im Januar - weit über ein Jahr nach der Festnahme - wird es eine Berufungsverhandlung in Gießen geben. Es ist zu hoffen, dass der dortige Richter nicht ohne Beweise Tätlichkeiten gegen die Polizei verurteilt, der die Unstimmigkeiten der Belastungszeugen nicht wegwischt und der die Videos abspielen lässt und in sein Urteil einfließen lässt, die belegen, dass die Polizisten gesichert waren. 

 

In dem Dokumentarfilm Free Ella erden die Zeugenaussagen Videobeweisen und widersprüchlichen anderen Aussagen gegenübergestellt, sowie unrechtmäßiges Handeln der Polizei aufgezeigt. Es entsteht der Eindruck, als ob die unbekannte Aktivistin "Ella" ein Zufallsopfer ist, an dem die Polizei und das Gericht ein Exempel statuiren wollen, um Klimaschützer:innen einzuschüchtern.  Ihre Verurteilung zu einer Haftstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten ist angesichts der im Film zusammengetragenen Videoausschnitte unfassbar. 

 

Und wer sich das Unrecht vor Augen führt, dass bei diesem Autobahnausbau vor sich geht, wie z. B. die Rodung von mindestens 5 Hektar außerhalb des Planfeststellungsbeschlusses, der wird sich fragen müssen, wer eigentlich verurteilt werden müsste.

 

Auf einer Homepage für Ella sind wichtige Informationen zusammengetragen!

Hier geht es zu beeindruckenden Briefen von Ella.

Hier schreibt sie über die Haftbedingungen.

Die Schweiz hat übrigens geurteilt: "Klimaschützen ist kein Verbrechen."

In Köln und Aachen wurden harte Urteile in der ersten Instanz bei einer Revision wieder aufgehoben!

Diese Anzeige wurde mithilfe von Spenden in der Wochenendausgabe der taz am 30./31.10.22. geschaltet. Zu den Erstunterzeichner:innen kamen noch weit über 200 weitere unterzeichnende Privatpersonen und Institutionen.


 

Hintergrund

 

Im November des letzten Jahres wurde deutlich entgegen der von der Polizei mantraartig wiederholten Devise "Sicherheit vor Schnelligkeit" gehandelt, so dass wenige Tage vor der Räumung von Ella zwei Aktivistinnen durch Polizeieinwirkung abstürzten und schwere Rückenverletzungen davon trugen. Da ist es mehr als fragwürdig, warum für die Räumung der seither inhaftierten Aktivistin nicht der auf dem im Gerichtssaal gezeigten Video sichtbare in der Nähe befindliche Hubwagen genutzt wurde. Aber auch ohne einen solchen muss davon ausgegangen werden können, dass Polizisten sich in 15 Meter Höhe vorschriftsmäßig sichern. Insofern ist die Einschätzung der Staatsanwaltschaft von Tritten als „gefährliche Tat“ schwer nachvollziehbar – vor allem, da in einem Videobeweis nur ein einziger Tritt dokumentiert ist, der den Polizisten verfehlt hat. 

 

Mit einem Nachspielen der Räumung von Ella im Dannenröder Forst bei der Demo am 9.7. in. Wiesbaden wurde deutlich, welche Ängste (und damit Panikreaktion) die Kletterpolizisten ausgelöst haben mögen. Hier geht es zur Aufzeichnung!

 


Archivplakat

Der Richter

 

Was ist das für ein Richter, der Ella zu zwei Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt hat, obwohl ihr lediglich ein Tritt in 15 Meter Höhe nachgewiesen werden konnte, der einen Polizisten verfehlt hat? Und warum setzt er sie in der Untersuchungshaft zusätzlichen Repressionen aus? Ein Artikel zu einem Freispruch von Richter Bernd Süß für rassistische Chats gibt zu denken.  

 

Ein Leserbrief: Zweierlei Maß im Dannenröder Forst?

 

In den Medien wurde breit über den Prozess gegen die Klimaaktivistin „Ella“ berichtet. Zweifellos ist es begrüßenswert, wenn eventuelle Straftaten konsequent aufgearbeitet werden. Es besteht aber die Hoffnung, dass die nächste juristische Instanz zu einem fundierteren und ausgewogeneren Urteil kommen wird. Die Darstellung der betroffenen Polizisten wirft schon die Frage auf, ob sie nicht entweder unprofessionell gehandelt haben – was bei Spezialkräften, die angeblich auch gegen die organisierte Kriminalität im Einsatz sind und deshalb vermummt im Gerichtssaal erschienen, erstaunlich wäre – oder die Gefährdung doch nicht so gravierend war wie von ihnen behauptet. Noch irritierender ist, dass man im Gegensatz zu diesem Fall von den zwei Polizisten, durch deren Fehlverhalten am 15.11. sowie am 21.11.2020 laut Zeugen- und Medienberichten zwei Aktivistinnen schwer verletzt wurden, nichts hört. Wurden sie inzwischen wegen gefährlicher Körperverletzung zu längeren Haftstrafen verurteilt? Warum erfährt man darüber nichts? Hier wird doch nicht etwa mit zweierlei Maß gemessen?

PD Dr. Jörg Schuster

 

Nachtrag: Ein Jahr nach den Vorfällen dauern die Ermittlungen noch an. Dabei steht fest, dass sämtliche Polizeibeamt:innen vor ihrem Einsatz über die Bedeutung der Seilstrukturen im Wald aufgeklärt worden waren. Damit war schon bei dem Einsatz im Hambacher Forst Erfahrung gesammelt worden.