Licht und Lärm - Tag und Nacht

Fachaufsichtsbeschwerde

Die folgende Fachaufsichtsbeschwerde ging an Herrn Minister Scheuer, eine zweite ging an den Landrat des Vogelsbergkreises und  die Obere Naturschutzbehörde. Je mehr Menschen eine solche schreiben desto eher wird gehandelt werden!

 

Sehr geehrter Herr Minister Scheuer,


als verantwortlicher Vorhabenträger des Ausbaus der A49 (VKE 40) legen wir Fachaufsichtsbeschwerde gegen die Ökologische Baubegleitung des Projektes A 49/ VKE 40 ein, da sie nicht auf die Einhaltung der Bestimmungen im Planfeststellungsbeschluss zum Schutz der Fledermäuse dringt.

Sachverhalt

Im Planfeststellungsbeschluss ist festgelegt, dass zum Schutz der Fledermäuse Licht im Flugbereich der Fledermäuse zwischen dem 1.4. und 31.10. nur unter bestimmten Auflagen erlaubt ist (vgl. die angehängte S. 37). Diesen Auflagen wurde im April nicht nachgekommen. Erst im Mai wurde auf verschiedentliches Drängen hin die Beleuchtung reduziert, obwohl auch diese reduzierte Beleuchtung keine Genehmigung widerrechtlich installiert war. Schließlich wurde erst Ende Mai festgestellt, dass für eine solche Genehmigung die Untere Naturschutzbehörde Vogelsberg zuständig ist.

In der Zwischenzeit wurde nach Informationen der DEGES eine fachgutachterliche Einschätzung beauftragt und vorgelegt. Den fachgutachterlichen Vorgaben folgend wurde erst mehrere Wochen nach dem  Beginn der Schutzzeit am 1.4. durch die Firma Deges die Beleuchtung nach Auskunft der Unteren Naturschutzbehörde „stark reduziert, (rote) Lichtfilter eingesetzt und die Scheinwerfer auf den Masten abgesenkt und dadurch die Reichweite erheblich reduziert. Speziell für lichtempfindliche Fledermausarten erfolgt im zentralen Bereich der geplanten Grünbrücke nunmehr keine Sicherungsbeleuchtung, ebenfalls nicht an den Waldrändern im Norden sowie Süden des Gebietes.“. Das Fachbüro geht dabei selber von einer Beeinträchtigung der Fledermäuse aus. Schließlich wird mit den umgesetzten Maßnahmen den Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses immer noch nicht Rechnung getragen. Denn nach S. 333 (ebenfalls angehängt) befinden sich die Flugwege der Fledermäuse im Dannenröder Forst beidseits der geplanten Trasse. Damit müsste der gesamte Bereich im Lichtschatten liegen (vgl. S. 37).

Auf S. 333 sind außerdem weitere Maßnahmen zum Schutz der Fledermäuse vorgesehen, die bisher trotz der Zerschneidungswirkung des Bauzauns nicht umgesetzt wurden: es wurden als Ausgleich für die Zerschneidung durch den Bauzaun weder Irritationsschutzwände noch Querungsmöglichkeiten geschaffen. Damit hat das beauftragte Fachbüro nicht - wie von der Unteren Naturschutzbehörde Vogelsberg dargestellt - sichergestellt, dass der Fledermausschutz vor Ort genau beachtet und diesem entsprochen wird. Auch für die Behauptung, „eine Überquerung der Rodungsfläche (sollte) auch für lichtempfindliche Fledermausarten möglich sein“ wurde bisher kein Nachweis vorgelegt, wie er mithilfe der Zählung durch einen batcorder leicht möglich wäre. Ebenso gibt es für die Erklärung der Unteren Naturschutzbehörde, dass das Fachbüro ausgeführt habe, aufgrund der geringen Nachttemperaturen im Monat April/Mai 2021 dürften relevante, negative Auswirkungen auf die Fledermausfauna bisher nicht im Sinne des § 44 BNatSchG eingetreten sein, bisher keinen Beleg.

Mit dieser Stellungnahme zeigt sich, dass die Ökologische Baubegleitung nicht auf die Einhaltung des Planfeststellungsbeschlusses dringt und auch nicht die unbegründeten Sicherheitsbedenken der DEGES zurückweist.
Diese Sicherheitsbedenken, mit denen die DEGES die Verstöße gegen den Planfeststellungsbeschluss begründet sind insofern nicht nachvollziehbar, da an einem Teil der Trasse, an dem gar keine Baufahrzeuge zu sehen sind, dieses Licht kaum notwendig sein kann, wenn gleichzeitig der Hauptarbeitsbereich unbeleuchtet ist. Selbst wenn es - wie einer Pressemitteilung der Polizei zu entnehmen war - während des Klimacamps zu Beschädigungen an der Zaunanlage gekommen sein sollte
(bisher fehlt dabei jeglicher Beweis, dass diese von Besuchern des Klimacamps verursacht wurden), so ist dies in jedem Fall keine logische Begründung für den Zaun. Schließlich schützt der Zaun ja momentan keine Arbeitsgeräte, während Bereiche, an dem teure Baufahrzeuge parken, weder durch Licht noch durch einen Zaun geschützt werden (vgl. die angehängten Fotos). Damit zeigt sich, dass die von der DEGES behaupteten Sicherheitsinteressen nicht vorliegen.

Rechtliche Würdigung

Die Genehmigung der Beleuchtung wie auch die Tolerierung des Bauzauns ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz (§44.3). Es ist daher dringend notwendig, dass die ökologische Baubegleitung ihrem Auftrag nachkommt und auf die Einhaltung der Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses besteht.

Wir fordern Sie dringend dazu auf, dass Sie dieses umgehend veranlassen und für eine Ende der nächtlichen Beleuchtung sorgen sowie für Ausgleichsmaßnahmen für die Zerschneidungswirkung des Bauzauns.

Mit freundlichen Grüßen 

Hier ist die Antwort:


Herr Minister Andreas Scheuer dankt für Ihre E-Mail, die Sie an sein Büro im Bundestag gesandt haben. Er
hat uns gebeten, Ihnen zu antworten. Nach Rücksprache mit der Autobahn GmbH des Bundes und unserer Fachabteilung können wir Ihnen folgendes
mitteilen: Die Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses beziehen sich ausschließlich auf das nächtliche Bauen im
Dannenröder Forst. Es finden entsprechend keine Bauarbeiten in den Nachtstunden statt. Die installierte
Beleuchtung dient allein der Abwehr von Gefahren, die von unbefugten Dritten ausgehen. Mehrfach wurden
Straftaten im Bereich des Dannenröder Forstes begangen, so dass abwehrende Maßnahmen erforderlich sind, die
mit der Polizei abgestimmt wurden. Die aktuelle Beleuchtungssituation zur Gefahrenabwehr im Trassenbereich der künftigen A 49 im Dannenröder
Forst stellt für Fledermäuse keine wesentliche Beeinträchtigung dar. Die Autobahn GmbH steht diesbezüglich in engem und regelmäßigen Austausch mit einem anerkannten Fachbüro
und der zuständigen Naturschutzbehörde. Die Anpassung der Beleuchtung, die u.a. im Mai erfolgte, wird durch
das Fachbüro vor Ort betreut, konkret wurden u.a. Messungen des Lichts im Waldbereich vorgenommen und auf
dieser Basis so lange Nachjustierungen vorgenommen, bis keine signifikante Beeinträchtigungen mehr zu
verzeichnen sind. Eine diesbezügliche Abstimmung hat mit der zuständigen Naturschutzbehörde stattgefunden. Die angesprochenen Irritationsschutzwände werden vor der Freigabe der Autobahn für den Verkehr erstellt,
die ebenfalls angesprochenen Bauzäune sind Teil der Baustelleneinrichtung und durch den Planfeststellungs-
beschluss abgedeckt.

Kommentar

 

  • Mündlich wurde mir von einem Verantwortlichen bestätigt, dass das Verbot der Baumaßnahmen in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Lichtverbot steht, da ohne Licht keine Baumaßnahmen notwendig sind.
  • Die angesprochene Gefahrenlage ist - wie ja ausgeführt - nur ein vorgeschobener Grund.
  • Inwiefern die  Auswirkungen nicht signifikant sind, wurde nicht bewiesen - das wird postuliert, damit das Licht nicht durch das Bundesnaturschutzgesetz angreifbar ist, das signifikante Beeinträchtigungen unter Strafe stellt.
  • Die Irritationsschutzwände zum Schutz der Fledermäuse dienen der Hilfe gegen die Zerschneidung - da die Trasse momentan zerschnitten ist, müsste also jetzt schon etwas gegen die Irritation unternommen werden.
  • Da momentan im Dannenröder Forst gar nicht gearbeitet wird, ist der Begriff Baustelleneinrichtung unzulässig.

 

Offener Brief

Der folgende Offene Brief an die Obere und Untere Naturschutzbehörde und die Ökologische Baubegleitung der DEGES hatte leider nicht zu Nachbesserungen geführt: 

Offener Brief an die Obere und Untere Naturschutzbehörde und die Ökologische Baubegleitung der DEGES

 

Betr. Einhaltung der Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Teile des Waldes an der Trasse des geplanten Ausbaus der A49 werden immer noch des Nachts beleuchtet, obwohl dies der Bestimmung des Planfeststellungsbeschlusses widerspricht, die die Beleuchtung für Arbeiten zum Schutz von Fledermäusen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und mit strengen Auflagen erlaubt (S. 37). Schließlich ist erwiesen, dass Kunstlicht vor allem für die im Dannenröder Forst beheimatete lichtscheue Fledermausart "Großes Mausohr" sehr nachteilig ist und der Tierschutz daher einen Verzicht auf direktes Kunstlicht und eine Abschwächung der Beleuchtungsstärke auf unter 0,1 lx in der näheren Umgebung erfordert. 

Trotzdem wird diese Bestimmung weiterhin nicht umgesetzt - aus nicht nachvollziehbaren "Gründen der Sicherheit". Denn es leuchtet nicht ein, warum an einem Teil der Trasse, an dem gar keine Baufahrzeuge zu sehen sind, dieses Licht notwendig sein soll, während der Hauptarbeitsbereich unbeleuchtet ist (s. Bilder rechts). Dass der Bereich, an dem teure Baufahrzeuge parken, noch nicht einmal durch einen Zaun geschützt ist, macht die Sicherheitsbedenken noch rätselhafter - vor allem, weil der im Wald befindliche Zaun für Menschen gar keine Barriere darstellt (vgl. unterstes Bild), sondern lediglich für Tiere - inklusive der tieffliegenden Fledermäuse. Auch mit dem Zaun wird dem Planfeststellungsbeschluss zuwider gehandelt, der feststellt, dass die Zerschneidungswirkung u. a. durch (bisher nicht vorhanden) "Querungshilfen" minimiert wird. (Planfeststellungsbeschluss S. 232, 236 ff)

 

Es wird höchste Zeit, dass Sie alle ihrer Aufgabe gerecht werden: dass die Naturschutzbehörden die Natur schützen und die Ökologische Baubegleitung für die Umsetzung der im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Naturschutzmaßnahmen sorgt, in dem die Zerschneidungswirkung minimiert und das Licht ausgeschaltet wird. Alles andere ist ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz (§39.3). Daher bitte ich Sie, im Sinne der Natur die Bestimmungen umgehend umzusetzen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 


Auch diese Pressemitteilung hatte keine Auswirkungen ...

 

Planfeststellungsbeschluss zum A49-Ausbau nur Makulatur?

Gravierende Verstöße gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau der A 49 nähren den Verdacht, dass keiner der Verantwortlichen ein Interesse daran hat, den darin festgelegten Schutz der Natur ernst zu nehmen und umzusetzen. Seit zwei Monaten wird die Trasse des Dannenröder Forstes jede Nacht taghell erleuchtet, obwohl seit dem 1.4.2021 laut Planfeststellungsbeschluss zum Schutz von Fledermäusen nächtliches Licht nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen und mit strengen Auflagen erlaubt ist [vgl. S. 37 des PFB]. Dafür kann bisher kaum eine Genehmigung vorliegen, da erst vor wenigen Tagen festgestellt wurde, dass die untere Naturschutzbehörde dafür zuständig ist.

 

Für diese Klärung vergingen zwei unwiderrufliche Monate, in denen die eindeutigen Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses trotz mehrfacher Anfragen ignoriert wurden. Mitte April hieß es aus der Planfeststellungsbehörde ebenso wie aus der oberen Natur-schutzbehörde: „Eine gesonderte Genehmigung der Beleuchtung erfolgte bisher durch keine beteiligte Behörde. Welche Behörde dieses durchführen wird, ist derzeit in Klärung.“ Erst Ende April forderte die Planfeststellungsbehörde die DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH) als Projektmanagementgesellschaft des Bundes auf, die nächtliche Beleuchtung einzustellen und eine Abstimmung weiterer Schritte mit den zuständigen Naturschutzbehörden vorzunehmen, da dafür „nach Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine gesonderte behördliche Zulassung erforderlich wäre“. Von einem Einstellen der Beleuchtung kann seither aber keine Rede sein, lediglich die Farbe des Lichtes wurde geändert. Dabei ist weiterhin unklar, ob die für die Überwachung der Naturschutzmaßnahmen verantwortliche „Ökologische Baubegleitung“ mit einbezogen wurde und warum die Auswirkungen des Lichtes auf die Fledermäuse im Wald bisher undokumentiert sind. Vielleicht, weil es hinderliche Untersuchungen darüber gibt, dass Kunstlicht vor allem für die im Dannenröder Forst beheimatete lichtscheue Fledermausart „Großes Mausohr“ sehr nachteilig ist und der Tierschutz einen Verzicht auf direktes Kunstlicht und eine Abschwächung der Beleuchtungsstärke auf unter 0,1 lx in der näheren Umgebung erfordert?

 

Auf welcher gesetzlichen Grundlage findet also seit Monaten eine intensive Ausleuchtung der Trasse statt? Ein solcher Rechtsbruch ist nicht die einzige Missachtung des Planfeststellungbeschlusses: so wurden auch unerlaubte nächtliche Arbeiten in den trassennahen Waldbereichen durchgeführt [siehe unten], die nach Auskunft der DEGES in keinem Bautagebuch erscheinen. Ist damit der Planfeststellungsbeschluss Makulatur? Jedenfalls scheint die Verschleierung der Verantwortlichkeit methodisch. Dies schmälert weiter das Vertrauen für den sorgsamen Umgang mit weiteren Schwierigkeiten beim Ausbau, wie zum Beispiel der weiterhin nicht widerlegten Kritik der Parents for Future an der unvollständigen Sanierung des Gebietes des ehemaligen Sprengstoffgeländes WASAG in Stadtallendorf.