Ferrero plant Waldrodung

Nachdem Ferrero sich massiv dafür eingesetzt hat, die A49 zu bauen, für die mindestens 85 ha Wald gerodet wurden und mindestens die zweifache Menge an Bäumen durch den Kahlschlag vertrocknen wird, plant FERRERO seit mindestens einem Jahr die Rodung von 3,35 ha Wald, um seine Produktionsanlage für Mon Cherie zu modernisieren, wie im hessischen Staatsanzeiger auf S. 1266 zu lesen ist. Unter diesem Link sind die Unterlagen bis zum 22.12.22 online einsehbar. 

 

 

Besonders spannend: das Dokument "Entscheidungserhebliche Unterlagen". Dort sind einige der Problematiken der Pläne aufgeführt.

Bau in der Wasserschutzzone II

Der Ausbau des Werkes soll in der Wasserschutzzone II stattfinden, in unmittelbarer Nähe zu Trinkwassergewinnungsanlagen. Daher kann laut der Umweltverträglichkeits-Vorprüfung "nicht ausgeschlossen werden, dass erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen durch das Vorhaben hervorgerufen werden können. (S. 207 der entscheidungsrechtlichen Unterlagen). 

Gefährdung der hydraulischen Sicherung

Auf dem zu rodenden Gelände liegt der Förderbrunnen ASB 8. Er ist essentiell für die hydraulische Sicherung (S. 122 der Entscheidungserheblichen Unterlagen), die dafür sorgt, dass Giftstoffe aus dem Grundwasser gefiltert werden.  Das Gelände soll drei Meter tiefer gelegt werden, was zur Folge hat, dass auch der Brunnen tiefer gelegt werden muss. Damit geht eine Unterbrechung des Betriebs einher, mit der sich "das hydraulische und hydrochemische Regime"  ändert (S. 127 der Entscheidungserheblichen Unterlagen). 

 

Die him ASG behauptet in ihrer fachlichen Stellungnahme (ebda. S. 126), das unter bestimmten Voraussetzungen die hydraulische Sicherung durch die Außerbetriebnahme des Brunnens nicht beeinflusst wird. Dabei stützt sie sich auf Berechnungen der ahu (S. 158ff der entscheidungsrechtlichen Unterlagen), dass eine Abschaltung des Brunnens für 100 Tage tolerabel ist.

 

Diese Berechnung gründet auf die angeblich in dem Monasta-Abschlussbericht für die Solling-Formation dokumentierte Fließgeschwindigkeit von 1-2 Metern pro Tag. Allerdings bezieht sich diese Messung lediglich auf den Bereich der Tri-Halde (vgl. S. 11 des links).  Diese Messung lässt sich nicht auf andere Gebiete übertragen. Denn auf Seite 11 heißt es: "DIe Untersuchungen ergaben weiterhin, dass räumlich verteilt verschiedene Fließwege bzw. Fließpfade exisitieren." Mit den verschiedenen Fließwegen sind auch unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten verbunden: "Die höchsten Abstandsgeschwindigkeiten wurden für südliche, die geringsten für westliche Fließrichtungen bestimmt." (ebda). Auf Seite 26 ist dokumentiert, dass die Abstandsgeschwindigkeit im zentralen Bereich des DAG-Geländes im Bereich der Solling Formationen bei ca. 10 Metern pro Tag liegt. Im Bereich des westlichen DAG-Geländes lag die Geschwindigkeit bei den Untersuchungen bei bis zu 36,5 Metern pro Tag. Per Definition ist dabei die tatsächliche Fließgeschwindigkeit deutlich höher als die gemessene Abstandsgeschwindigkeit. 

 

Unter diesen Umständen ist es damit keineswegs tolerabel, dass der für die hydraulische Sicherung wichtige Brunnen 100 Tage lang abgeschaltet bleibt. Vielmehr ergibt sich aus den Zahlen eine maximale Abschaltdauer von 3 Tagen. In so kurzer Zeit sind aber die Brunnenarbeiten nicht zu erledigen. 

 

Auf Seite 127 der entscheidungsrechtlichen Unterlagen heißt es, eine abschließende Bewertung einer Gefährdung des Schutzgutes Grundwasser und der Trinkwassergewinnung sollte in einem hydrogeologischen Fachgutachten vorgenommen und nachvollzogen werden können. Zur hydraulischen Sicherung und den Fließgeschwindigkeiten gibt das hydrogeologische Fachgutachten (A8_6365) allerdings keinen Hinweis.

 

Bau im Altlastengebiet

Das Waldstück befindet sich auf dem ehemaligen Gelände der Dynamit AG. Dort befinden sich flächenhafte Belastungen mit krebserregenden sprengstofftypischen Verbindungen.  Trotzdem findet sich in den Unterlagen kein Bodenmanagementkonzept. D. h. es gibt kein Konzept dazu, wie verhindert wird, dass bei der Abgrabung des Geländes um drei Meter kontaminierte Erde an Orte verlagert wird, wo das Wasser nicht auf diese Gifte überprüft wird. Und es gibt keine Aussage darüber, ob noch weitere Erde beprobt wird. 

 

Die him fordert in ihrer fachlichen Stellungnahme, dass während der Baumaßnahme ein begleitendes Grundwassermonitoring im Einzugsbereich des ASB 8 durchgeführt werden soll (entscheidungsrechtliche Unterlagen S. 127). Damit könnten Schadstoffe im Grundwasser aufgespürt werden, die durch die Arbeiten mobilisiert werden. Allerdings gibt es nirgendwo Hinweise darauf, welche Maßnahmen nun konkret bei einer Verschlechterung des Grundwasser ergriffen werden.

 

) Nach §7 BBodschG sind der Grundstückseigentümer, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück und derjenige, der Verrichtungen auf einem Grundstück durchführt oder durchführen lässt, die zu Veränderungen der Bodenbeschaffenheit führen können, verpflichtet, Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen zu treffen.  Diese Verpflichtung wurde bisher nicht umgesetzt. Stattdessen heißt es im Konzept Fremdüberwachung (19.6.2. Nr. 15): „Für die Verfüllung der Baugrube sowie andere Bodenauffüllungen kann das Vor-Ort angetroffene Bodenmaterial verwendet werden, sofern es nach Inaugenscheinnahme nicht mit Verunreinigungen versetzt ist, von denen einen Grundwassergefährdung ausgeht.“  Diese Bestimmung ist nicht geeignet, den Wasserschutz zu gewährleisten. Denn drei der fünf im Vorfeld von Ferrero durchgeführten Beprobungen von offensichtlich unauffälligem Material wiesen Werte auf, die einen Einbau in der Wasserschutzzone verbieten, eine vierte Probe hat die Grenzwerte nur minimal unterschritten. (vgl. die Ausführungen zu Punkt I 2 Beschreibung des Bodens vor Ort)

Keine Einwände gegen vorzeitigen Beginn!?

Damit auch wirklich nichts dazwischen kommt, hat die FERRERO OHG einen Antrag auf vorzeitigen Beginn gestellt. Das heißt, laut dem Regierungspräsidium dürfen die Bäume gerodet werden, obwohl die Unterlagen wichtige Mängel haben (vgl. z. B. S. 55  der entscheidungsrechtlichen Unterlagen). 

 

Laut S. 38 der entscheidungsrechtlichen Unterlagen soll "gemäß §8a BlmSchG ... in einem Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung auf Antrag vorläufig zugelassen werden, dass bereits vor Erteilung der Genehmigung mit der Errichtung einschließlich der Maßnahmen, die zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit der Anlage erforderlich sind, begonnen werden," u. a., "wenn mit einer Entscheidung zu Gunsten des Antragsstellers gerechnet werden kann." Aus Sicht des Regierungspräsidiums ist mit einer mit Auflagenvorschlägen versehene Stellungnahme zu erwarten, obwohl die Auswirkungen auf das Trinkwasser nicht untersucht wurden und obwohl Gründungspfeiler in die wasserführenden Schichten hineinragen (s. S. 174 der entscheidungsrechtlichen Unterlagen).

 

"Nach Absatz 1 Satz 3 BlmschG ist der Antragsteller verpflichtet, "wenn das Vorhaben nicht genehmigt wird, den früheren Zustand wiederherzustellen." (Unterlage 19.2.1. S. 1) In der Unterlage wird errechnet, dass es über 2 Millionen Euro kosten würde, den gerodeten Wald zu erneuern (ebenda S. 17). Man kann sich vorstellen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Regierungspräsidium nach abgeschlossener Rodung doch keine Genehmigung für den Bau erteilt ...

Einwendungen bis zum 23.1.23

Noch bis zum 23. Januar 2023 können nach § 10 Abs. 3 Bim SchG Einwendungen gegen die Pläne von Ferrero erhoben werden, schriftlich beim Regierungspräsidium GIeßen oder elektronisch an: geschaeftszimmer.bimschg@rpgi.hessen.de .

 

Am 14.3. zwischen 9 und 18 Uhr werden die Einwendungen in der Stadthalle von Stadtallendorf erörtert - falls die Behörden die Einwendungen für erörterungswürdig halten..

Nähere Informationen gibt es im hessischen Staatsanzeiger auf S. 1266.