15.6.22

 

Arbeiten an einer unsanierten Kläranlage von hochgiftigen Sprengstoffen

 

An einer Kläranlage im nicht sanierten Bereich des WASAG-Geländes wird seit über einem Jahr gearbeitet, aber auf Nachfrage wussten angeblich weder der Bürgermeister von Stadtallendorf noch ein Bauleiter davon. Das ist verwunder-lich, ist doch diese Baustelle unübersehbar mit „Zufahrt zu Bauwerk 4“ gekennzeichnet  (vgl. Bild oben vom 10.4.22) und der am besten gesicherte Bereich des Trassengeländes. Hier befinden sich nicht nur nächtliche Strahler, sondern in einem Container wacht rund um die Uhr ein Sicherheitsdienst (Bild rechts). Erst einmal in diesem Jahr war der Bereich nicht bewacht: als dort in der letzten Woche Politiker der Fraktion „Die LINKE“ zu Besuch waren.

 

Der Bereich der Kläranlage ist nicht Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses. Daher war er auch nicht Bestandteil der Gefährdungsabschätzung, die laut Planfeststellungsbeschluss im von der Baustelle betroffenen WASAG-Gelände durchzuführen war.  Da es sich hier um eine Altlastenverdachtsfläche handelt, die gutachterlich als „handlungsbedürftig“  eingestuft wurde (1), ist hier allerdings eine solche Gefährdungsabschätzung notwendig. Das Regierungspräsidium wurde vor zwei Monaten aufgefordert, eine Beprobung des Geländes zu veranlassen, hat darauf bisher aber noch nicht reagiert.

Vor einem Jahr hatte es noch geheißen, die damaligen Rodungsarbeiten – außerhalb des Planfeststellungsbeschlusses – seien für die Verlegung einer Erdgasleitung notwendig gewesen. Das Bild links von November 2021 zeigt, dass es bereits vor über einem halben Jahr andere Pläne gab  – hier handelt es sich ganz offensichtlich nicht um Erdgasleitungen.  Seit März 2022 wurden  in diesem Bereich große Baugruben gebaggert. Im April wurde ein Betonkasten errichtet, an den die Leitungen angeschlossen wurden, die bis zur Trasse und darunter hindurch verlegt wurden. (Bild Mitte). Die großen Baugruben, die ausgehoben wurden (Bild rehcts), wurden in den letzten Tagen teilweise wieder mit (potentiell hochgiftigem) Material zugeschüttet, das in der Hessenkaserne zwischengelagert wurde (3). 

 

Am Wochenende war im trassennahen Bereich der Baustelle ein grässlicher Gestank wahrzunehmen, ähnlich dem Gestank, der vor über einem Jahr an einer nahegelegenen mit Kalksäcken bearbeiteten Stelle festgestellt wurde. (Bild links) Damals hatte das Regierungspräsidium auf einen entsprechenden Hinweis nicht reagiert. Südlich der Artilleriestraße – außerhalb des sanierten Bereiches – war auch 2008 schon ein besonderer Geruch festgestellt worden, von dem vermutet wurde, dass er auf AOX-Belastungen zurückzuführen ist. (4)

 

Irritierend auch: Steine, wie sie  an dieser Baustelle an der Kläranlage gesichtet wurden (Bild rechts), wurden später an der Artilleriestraße wiedergefunden. Dort wurden in der zweiten Maiwoche umfangreiche Schredderarbeiten durch-geführt, die auch noch fortgeführt wurden, als der Baustopp bereits verhängt war. Sollte dort wichtiges Beweismaterial vernichtet werden?

 

 

Der CDU-Fraktionsvorsitzende der Regionalversammlung Martin Richard erläuterte kürzlich:„wenn aber Verfahren abgeschlossen und durchgeklagt sind, dann gilt der Rechtsstaat“. (5) Es hat in Anbetracht der vielen Rechtsbrüche der Autobahnbauer wie der nicht erfolgten Meldung der Hexyl-Belastung, der Arbeiten außerhalb der genehmigten Bereiche des Planfeststellungsbeschlusses  und der geplanten Sprengungen ohne Genehmigung (2) nicht den Anschein, als ob beim Ausbau der A49 der Rechtsstaat gilt. Und obwohl ein Zusammenhang mit der A49 auf der Hand liegt, einerseits durch die Bezeichnung mit Zufahrt BW 4 und andererseits durch die Leitungen, die vom Betonkasten bis zur Trasse führen, gab es bisher keine schriftlichen Antworten auf Anfragen zu diesen Arbeiten, weder von Verantwortlichen des Autobahnbaus noch von der Plan-feststellungsbehörde, dem Regierungspräsidium oder der Verwaltung von Stadtallendorf. () Mündlich hieß es seitens des Bauleiters, die Kläranlage läge außerhalb der Trasse und sei damit außerhalb seines Verantwortungsbereichs.

 

Besonders gravierend: durch die Arbeiten werden die mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit im Boden befindlichen giftigen Sprengstoffverbindungen im Bereich rund um die Kläranlage in Bewegung gebracht und von Regenwasser ausgespült. Das Grundwasser wird in diesem Bereich allerdings nicht überwacht. Damit werden potentielle Kontaminationen nicht aufgespürt. Außerdem wird hier die europäische Wasserrahmenrichtlinie missachtet, die es verbietet, dass sich die Qualität des Wassers verschlechtert. Diese Arbeiten erfordern daher einen umgehenden Entzug der wasserrechtlichen Erlaubnisse.

 

(1)     Gutachten des Baugrundinstitut Dr. Fedder von 1988

(2)     Mehr unter: https://www.danni-lebt.de/widerstand/aktuelles/danni-unrechtskalender/

(3)     Die Grenzwerte für den Wiedereinbau von Boden im WASAG-Gelände sind erheblich niedriger als die Eingreifswerte für Sanierungen. Daher muss vor dem Wiedereinbau sichergestellt sein, dass diese Grenzwerte nicht überschritten werden.

(4)     Im Erläuterungsbericht Bodenuntersuchungen vom 31.3.08 heißt es bei Punkt 5.4.2. Kanalerkundung: „In einer Probe war AOX in Spuren feststellbar. Dieser Kabelschacht liegt südlich der Artilleriestr. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite wurde in Kanal 404175 ein deutlicher Lösemittelgeruch festgestellt. Ob die AOX-Belastungen in Probe ESW A010 mit dieser Kontamination in Verbindung steht, kann nur vermutet werden.“

(5)     In: „A 49: „Alles läuft nach Plan“ “ in der Oberhesssischen Zeitung vom 4.6.21.

 

(6)     Einzig die Planfeststellungsbehörde hat Ende Mai zeitnah geantwortet, dass sie die Vorhabenträgerin DEGES zu einer Stellungnahme aufgefordert hat.