Trinkwasserschutz nicht sichergestellt (18.1.2024)

 

Die Sicherheit des Grund- und Trinkwassers ist beim Ausbau der A49 nicht sichergestellt. Das zeigen Mängel in der jüngsten Argumentation des Regierungspräsidiums Gießen. Zum Beispiel wurde nur ein Bruchteil des  Trassenabschnitts im WASAG-Gelände saniert [i], obwohl nach dem Krieg unkontrollierte Sprengungen erfolgten ´(S. 54 des links) . Damit haben sich Kontaminationen über große Flächen verteilt. Der Hexylfund im Mai 2022 beweist dabei, dass noch relevante Schadstoffe vor Ort waren.

   1)      Mangelhaftes Bodenmanagementkonzept

Das Bodenmanagement sichert keineswegs die Schadlosigkeit des verlagerten Bodens. Denn obwohl belasteter Boden oft unauffällig ist, muss lediglich auffälliges Material separiert werden. Die PAK-Funde im Mai 2023 zeigen, dass selbst dies nicht vollständig umgesetzt wurde. Das ist bei teilweise über 200 LKW-Fuhren täglich aus dem WASAG-Gelände – auch in die Wasserschutzzone II (!) -  wenig überraschend. 

2)      Einbau unbeprobter Erde (u. a.) in die Wasserschutzzone II

Laut dem Regierungspräsidium musste Erde, die in der Wasserschutzzone II eingebaut wurde, zuvor auf Schadstofffreiheit untersucht werden. Allerdings wurde der Boden in mehr als 600 Trassenmetern vor der Verlagerung nicht beprobt. Und ein Teil davon - wie z. B. der Boden aus der mit Hexyl kontaminierten Baugrube - wurde in der Wasserschutzzone II eingebaut.[ii] 

      3)      Keine genaue Dokumentation

Das Regierungspräsidium gibt an, die Erdmassenverlagerung sei über die Fuhrscheinlisten sehr genau dokumentiert. Diese enthalten allerdings zahlreiche Lücken und beginnen erst am 19. Juli 2021. Wie die Fotos 1 und 2 zeigen, waren  zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Tonnen Erde aus dem WASAG-Gelände abtransportiert  worden.

     4)      Unzureichende  Nachuntersuchung

Das Regierungspräsidium schreibt von „bereits bekannten Lücken im Beprobungsraster, denen durch entsprechende Nachbeprobungen am Einbauort begegnet werden konnte.“ Diese Nach-(!)beprobungen waren weder repräsentativ noch aussagekräftig: Sie fanden ausschließlich an der Oberfläche des Damms statt. Hier lag nur die zuletzt eingebrachte Erde aus den kaum kontaminierten tieferen Bereichen. Stattdessen hätte die oberste Boden-schicht des WASAG-Geländes beprobt werden müssen. Zudem war die Erde hier bereits monatelang Niederschlägen ausgesetzt. Damit waren mögliche Kontaminationen bei der Beprobung schon lange ausgewaschen. Diese Nachbeprobung war also weder repräsentativ noch aussagekräftig. 

 

Das Regierungspräsidium schreibt, nach dem Fund von Hexyl-Klümpchen und von PAK-Brocken hätten die potentiellen Herkunftsbereich und Einbauorte ermittelt werden können. Allerdings blieb die Herkunft der PAK-Brocken (Foto 3) ungeklärt- und dass obwohl zeitgleich auch im WASAG-Gelände noch Dutzende dieser giftigen Brocken dokumentiert wurden (u. a. Foto 4). Und die „zielgerichteten Nachuntersuchungen“  aus der mit Hexyl belasteten Baugrube umfassten  - entgegen Untersuchungsanordnung (!) - nur 1.490 m3 der über 13.000 m3 an verlagertem Boden. Der Rest wurde auch im Rahmen des PAK-Fundes nicht umfassend nachbeprobt. [iii]

 

Dabei rechtfertigt auch die Abdichtung der Trasse in der Wasserschutzzone II keine Verlagerung von Schadstoffen. Diese ist zu Recht verboten. [Vgl. LAGA 20, S. 15] Denn zukünftige Generationen werden bei Reparatur- oder Abbrucharbeiten davon ausgehen, dass dieser Boden regelkonform schadstofffrei ist.  

 

Es bleibt zu hoffen, dass das Regierungspräsidium in Gießen umfassende Nachbeprobungen anordnet und auch das Grundwasser an den Einbauorten auf sprengstofftypische Verbindungen und auf PAK beproben lässt.

 

 

[i] Die Trasse führt über eine Länge von 2,15 km durch das WASAG-Gelände. Bei einer durchschnittlichen Breite von 65 Meter ergibt sich eine Fläche von ca. 140.000 m2. Der "Sanierungsbereich" der DEGES innerhalb der Trasse betrug weniger als 25 % dieser Fläche: 30.200m2. Innerhalb dieses "Sanierungsbereiches" wurde wiederum nur ca. ein Viertel der Fläche saniert, der Rest galt als nicht zu sanierender „Weißbereich“. Diese Einschätzung wurde auch dann nicht geändert, als in den Wurzelstubben aus dem per Definition kontaminationsfreien Weißbereich Kontaminationen nachgewiesen wurden.

 

LKWs im WASAG-Gelände – im Hintergrund die Abgrabung der Trasse (17. Juli 2021)

2 Deutliche Abgrabungen im WASAG-Gelände 17. Juli 2021

4 PAK Fund an Mauersteinen im WASAG-Gelände (8. April 2023)


 

[ii] Nach Angaben des Regierungspräsidiums umfasste der Baustopp in der Dammaufschüttung die Baukilometer 62+200 bis 62+430. Dieser Bereich liegt in der Wasserschutzzone II. Hier eingebracht wurden allerdings lediglich 1.490 m3 von der Artilleriestraße. Der Rest wurde den Fuhrscheinlisten zufolge zwischen Baukilometer62+000 und 62+170 eingebracht, wo im Mai 2023 PAK gefunden wurde.

[iii]Im Rahmen des PAK-Fundes wurden hier lediglich sechs Proben analysiert und diese nur am unteren Rand (wo die Erde bereits vor dem Aufriss der Artilleriestraße eingebracht worden war) und in den obersten 10-30 Zentimetern (hier ist keineswegs gesichert, dass der Boden aus der mit Hexyl kontaminierten Baugrube stammt). Die Anzahl der Proben steht der Vorgabe des Regierungspräsidiums entgegen, dass Boden, der in der Wasserschutzzone II eingebracht wird, alle 500 m3 beprobt sein muss.